Aufmacherbild: (C) Vuzix.com
Wearable Devices können mehr als nur die Pulsfrequenz messen oder per Vibration auf eingehende Anrufe oder Nachrichten hinweisen. Sie dienen gerade in der Arbeitswelt zunehmend als intelligente Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Im Fokus stehen dabei sowohl die Steigerung von Effizienz und Produktivität als auch das Ziel, Belastungen für Körper und Gesundheit zu vermeiden. Erste Projekte und Anwendungen zeigen: Die kleinen Helferlein haben das Potenzial, unseren Arbeitsalltag umkrempeln.
Nicht selten kehren Wearables gewohnte Arbeitsprinzipien um. So schauen wir heute im Fall von „Unwissenheit“ auf unserem Smartphone oder Tablet nach – oder müssen einen stationären PC oder gar die gute alte Papierakte bemühen. Doch die tragbaren Helferlein machen ihren Träger zum „Daten-Träger“. Das könnte den Arbeitsalltag revolutionieren.
Bereits weit verbreitet sind Head-Mounted Displays (HMD) oder Brillen mit Augmented-Reality-Funktion. Bei dieser „erweiterten Realität“ überlagert die Wearable-Technik die reale Sicht ihres Trägers mit Informationen oder Animationen oder sie blenden in einem Teil des Gesichtsfelds relevante Informationen ein. Das wohl prominenteste Beispiel ist die Datenbrillen wie „Google Glass“. Dass der Suchmaschinen-Gigant ihre Vermarktung für Privatkunden fürs erste gestoppt hat, bedeutet nämlich keineswegs, dass er sie nicht im Projektgeschäft weiter an Geschäftskunden liefert.
Mannigfaltige Prozesse in Unternehmen lassen sich damit nicht nur effizienter gestalten, sondern auch sicherer und komfortabler. Dies nutzt dann Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen.
Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältiger als man auf den ersten Blick meinen könnte:
Freihändiges Arbeiten: Laut einer DHL-Studie entfallen 55 bis 65 Prozent der entstehenden Kosten auf die Arbeitszeit, die ein Arbeiter benötigt, um Waren aus dem Regal zu holen – meist mit der Packliste in der Hand. Dies führt so unnötig hohem Zeiteinsatz, einer hohen Fehlerquote sowie regelmäßige Anlernkosten durch wechselndes Personal. HMDs, die mit dem Lager-Management-System vernetzt sind, können Abhilfe schaffen. Sie leiten den Arbeiter direkt zum Regalfach – und wenn sie mit einem Scanner oder einer Kamera kombiniert sind, können sie auch blitzschnell Objekte erkennen und Barcodes lesen.
Die Firma Bosch zum Beispiel nutzt für ihre Lagerwirtschaft die SAP-Software „Warehouse Picker“ in Verbindung mit einer Datenbrille des Herstellers Vuzix. Sie ermöglicht es den Lagermitarbeitern, direkt mit der Firmen-IT zu kommunizieren. Dabei dient die Vuzix M100 nicht nur zum Erfassen von Informationen. Vielmehr vermittelt sie dem Fachmann auch solche. In dicken Handbüchern nachschlagen oder auf dem Tablet im Intranet suchen war einmal. Das Head-Mounted Display zeigt die abgefragten Informationen an, während die Hände zum Arbeiten frei bleiben.
Transport und Logistik: Auch Unternehmen wie DHL, UPS oder GLS experimentieren bereits mit Head-Mounted Displays. Mussten Kurier- und Transportfahrer bisher jedes einzelne Ladungsstück scannen oder zählen, kann ein HMD automatisch erkennen, um welches Stück es sich handelt und ob die Ladung komplett ist. Die IT kombiniert dann Gewichte, Größen und Zustelladressen zu einem optimalen Beladungsplan und spielt diesen zurück ins Sichtfeld des Fahrers. Dieser kann dann so effizient wie möglich packen und kommt beim Ausladen schnell ans nächste Ladungsstück. Auch eventuelle Transportschäden lassen sich mit dem HMD erkennen und dokumentieren.
Mobile Datenerfassung: Auch diese Entwicklung liegt im Trend: Wofür heute noch Smartphones und Tablets genutzt werden, das könnte morgen in vielen Fällen über Wearables abgewickelt werden.
Mit dem an der Universität des Saarland entwickelten Konzept „iSkin“ wird die Haut direkt zum Touchscreen. So lässt sich eine interaktive Eingabe- und Steuerungs-Oberfläche direkt auf die Haut oder Kleidung aufkleben. Auch eine Tastatur oder andere berührungsempfindliche Eingabemethoden lassen sich so realisieren:
So könnten schon in wenigen Jahren heutige Smartwatches zum „Displayfeld“ auf dem Jackenärmel werden. Ein Wink damit, und die benötigten Daten sind gescannt und gespeichert.
Wartung und Reparatur: Bei immer komplexeren Maschinen und Systemen kann Augmented Reality eine sehr wertvolle Hilfe sein. Das DFKI (Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz) in Kaiserslautern entwickelte etwa ein Unterstützungs-System zur Wartung von landwirtschaftlichen Maschinen auf Basis eines handelsüblichen Tablets: Es nutzt die GPS, Lage- und Bewegungssensoren, um Informationen zu Bauteilen und erforderlichen Arbeitsschritten direkt ins Kamerabild des Tablets einzublenden:
Integriert in einen John-Deere-Traktor bietet das Augmented-Reality-System Unterstützung für den Austausch defekter Verschleißteile wie Leuchtmittel oder Radmuttern oder die Wartung von Schmierteilen wie Gelenklagern. Das System liefert Informationen über die Position von Maschinenelementen, Wartungsintervalle oder die verwendeten Einzelkomponenten und führt den ausführenden Reparateur Schritt für Schritt durch die einzelnen Arbeitsanweisungen. Das nächste Ziel der Kaiserslauterer Entwickler ist es, diesen Ablauf vom Tablet auf Datenbrillen zu bringen.
Ein Beispiel ist die Fluggesellschaft Virgin Atlantic: Deren Flugbegleiter können schon über Google Glass und Sony Smart Watch aktuelle Fluginformationen, Wetterberichte oder Events am Zielort abrufen. Geplant ist im nächsten Schritt, den Flugpassagieren beim Bedienen – ohne auf Papierlisten zu schauen – direkt ihre Lieblingsgetränke oder vorbestellten Speisen anbieten zu können.
Gesundheit und Medizin: In rund zwei Dutzend Proof of Concepts weltweit will SAP derzeit beweisen, dass Wearables auch zum Nutzen von Krankenhäusern und Pharmaherstellern eingesetzt werden können. So bekommen etwa Ärzte bei der Visite Diagnosebilder und Medikamenten-Informationen angezeigt.
Darüber hinaus bieten auch die in Smartwatches, Fitness-Armbändern und sonstigen Trackern integrierten Vital-Sensoren nützliche Anwendungsmöglichkeiten im Arbeitsumfeld. Denn deren Messungen sind nicht nur für Sportler interessant, sondern auch für Berufsgruppen mit hoher Belastung. Dann können Wearables ihre Träger zum Beispiel vor falschen Körperhaltungen warnen oder ihnen Pausen beziehungsweise Ausgleichs-Übungen abhängig von der tatsächlichen Belastung vorschlagen.
Zugangssysteme und Sicherheit: Persönliche Accessoires wie Schlüsselanhänger, Smartwatches oder Schmuck sind der ideale „Sicherheitsbegleiter“, zum Beispiel um ein Smartphone vor fremdem Zugriff zu sichern – oder als Eintrittskarte für sicherheitsrelevante Bereiche im Unternehmen.
Schon heute helfen tragbare Warnsysteme – wie hier im Bild von Dräger – in kritischen Umgebungen, indem die eingebauten Messgeräte zur personenbezogene Überwachung der Pegel von Kohlenstoffmonoxid, Schwefelwasserstoff oder Sauerstoff dienen.Bei gefährlichen Gas-Konzentrationen schlagen sie Alarm und vermeiden so Unfälle.
Navigation: Auch Navigation muss nicht immer über Displays von Navi-Portables, Smartphones oder Smartwatches erfolgen. Die „Navigate Jacket“ der australischen Firma We:Ex (Wearable Experiments) soll ihren Träger über optische und haptische Signale sicher zum Ziel führen. Derzeit stellt der Hersteller Vorserienprodukte zu Testzwecken zur Verfügung, die Navigations-Jacke soll aber schon in Kürze auf den Markt kommen.
Aber auch aus Deutschland kommen spannende Lösungen: Speziell für Menschen, deren Mobilität durch vermindertes Hör- und Sehvermögen eingeschränkt ist, hat die Universität Osnabrück den Navigationsgürtel „feelSpace“ entwickelt, dessen eingearbeitete Vibrationselemente dem Träger die Zielrichtung durch leichtes Vibrieren anzeigen.
Ausblick
Doch wie lang wird es wohl noch dauern, bis die tragbaren Helferlein uns noch näher kommen – nämlich in Form von Implantaten? Werden Wearables irgendwann von außen in den Körper vordringen? Vielen graust es vor der Vorstellung, dass wir vielleicht einmal zu Mensch-Maschine-Hybriden mutieren könnten. Von den ethisch-moralischen Fragen, die sich daraus ergeben, gar nicht erst zu reden.
Ohne Ihnen Angst machen zu wollen, ein kleiner Schlenker zum Schluss: Ein Cyborg lebt bereits unter uns – schon seit elf Jahren.
Im Jahr 2004 wurde der britische Künstler Neil Harbisson von seiner Regierung als „echter“ Cyborg staatlich anerkannt. Komplett farbenblind geboren, hatte Harbisson mit einer Vorrichtung aus Sensor und Kopfhörer gelernt, Farben zu hören, statt sie zu sehen.
Bei einer Passerneuerung, für die er die „Eyeborg“ genannte Vorrichtung hätte abnehmen müssen, argumentierte er – und in der Folge auch viele Freunde und Wissenschaftler – gegenüber der britischen Regierung, dass Eyeborg zu einem Teil seines Körpers geworden sei. Seitdem widmet sich die von ihm mitgegründete Cyborg Foundation der Erforschung „sensueller Substitute“ und will unter anderem die Eyeborg-Vorrichtung zum Implantat weiterentwickeln.
Hier eine super Seite mit allen Wearables. Dort kann man vergleichen und schauen was zu einem am besten passt. Super Sache.
http://wearablekaufen.com.de
Hi Nicole, habe mir die Seite gerade angesehen. Hat zwar nichts mit Mittelstand zu tun, was da berichtet wird, aber der Kollege hat sich aus sportlicher Sicht mit einigen Geräten auseinandergesetzt.Ich kann leider nicht sehen, wie aktuell die Einträge noch sind bzw. von wann der Test ist. Wer sich aber über Wearables informieren will wenn es um Sport geht, findet hier sicher den einen oder anderen interessanten Gedanken.