Logistik 2022: Digitalsierung ist alles

Technologie-Trends 2022: Wohin geht die Fahrt in der Logistikbranche?

Goldene Zeiten für Logistiker:  Der weltweite Warenverkehr wächst und wächst. Gleichzeitig gerät die Branche aber immer mehr unter Qualitäts- und Preisdruck. Digitalisierung scheint das Potential zu haben, diese Dilemma zu lösen und hohe Frachtgutzahlen mit exzellenten Qualitätsstandards zu verbinden. Das Internet der Dinge, Big Data und Blockchain gelten deshalb als die Top-Trends 2022 in der Logistikbranche.

Es ist auf den ersten Blick vielleicht kaum zu erwarten. Aber tatsächlich ist die Logistik eine der Branchen, die am meisten von der Digitalisierung profitiert. Ereignisse wie die Corona-Epidemie  oder der Brexit haben die Digitalisierungs-Prozesse in der schnell wachsenden Branche noch beschleunigt.

Aufmacherbild:  Tima Miroshnichenko via Pexels

Erst am Anfang: Fahrerlose Trucks

Bei allen digitalen Trends in der Logistik geht es darum, die Prozesse schneller, effektiver und kostengünstiger zu machen. Wem dabei selbstfahrende Fahrzeuge einfallen, der liegt nicht ganz falsch. So ist etwa Walmart in den USA eine Kooperation mit dem Start-up Gatik eingegangen. Gatik hat einen führerlosen Lastwagen entwickelt, der für Walmart in der Stadt Bentonville (Arkansas) eine 11 km lange Strecke zwischen Großlager und einer Filiale bedient. Dabei fährt das Fahrzeug stets dieselbe Route auf den regulären Straßen der Stadt. Ein Fahrer ist aber nicht mehr an Bord.

Beide Seiten betonen, dies sei kein Testbetrieb. Dennoch ist dieses Projekt noch eine der großen Ausnahmen in Sachen fahrerlose Transporter – zumindest auf der Straße. In der überschaubaren Umgebung von Lagerhallen oder Umschlagplätzen sind autonome Lieferfahrzeuge hingegen schon vermehrt im Einsatz. Dort können sie präzise und nach optimierter Routenführung Waren transportieren. So helfen wie zum Beispiel beim Be- und Entladen der Fernstrecken-LKW helfen. In Erprobung sind auch Roboter, die menschliche Arbeiter in Logistik-Zentrem unterstützen. Sie sind mittlerweile so weit entwickelt, dass sie bei ihrer Arbeit ihre Kollegen aus Fleisch und Blut nicht mehr gefährden. Und somit sind auch sie ein Logistiktrend 2022.

Walmart ist eines der ersten Unternehmen der Welt, das fahrerlose Trucks einsetzt.
Walmart ist eines der ersten Unternehmen der Welt, das fahrerlose Trucks einsetzt. Screenshot: IW

Kollege Roboter

Der Markt für solche Roboter wächst stark. Laut der International Federation of Robotics (IFR) wurde 2020 bereits jeder dritte Service-Roboter für den Transport von Gütern oder Fracht gebaut. Der Umsatz mit sogenannten Autonomen Mobilen Robotern (AMR) und Lieferrobotern wuchs im Jahr 2020  um 11% auf über eine Milliarde US-Dollar. Die meisten der Maschinen sind dabei für die Produktion oder für das Lager vorgesehen. Der Trend in diesem Bereich geht zu flexiblen Lösungen, sodass die AMR auch in gemischten Umgebungen etwa  mit Gabelstaplern, anderen mobilen Robotern oder eben Menschen zusammenarbeiten können.  Auch in Outdoor-Umgebungen mit öffentlichem Verkehr – etwa zur Warenlieferung auf der letzte Meile – besteht ein großes Potential für Transportroboter. Noch ist die Technologie aber in der Entwicklungsphase, genau wie auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen dazu.

Roboter und auch selbstfahrende Fahrzeuge profitieren dabei vom Internet der Dinge (englisch Internet of Things, IoT). Dabei liefern Sensoren, die in Lagerhallen, aber auch in den Fahrzeugen verteilt sind, einen steten Fluss an Daten, der Auskunft über Standort und Zustand der Waren gibt. Möglich macht den Boom auch die zunehmende Verfügbarkeit von 5G und der energiesparenden Mobilfunktechnik NarrowBand-IoT.

Logistiktrend:Autonome Roboter sind auch für die Hauszustellung vorgesehen.
Logistik-Trend: Autonome Roboter sind auch für die Hauszustellung vorgesehen. Foto: Amazon

Papiere in die Cloud

Auch in der Luftfracht sucht man händeringend nach Optimierungspotential. Aus gutem Grund:   Bis zum Jahr 2030 rechnen Marktforscher mit 7,3 Mio. Tonnen Luftfracht pro Jahr. Das wäre dann über fünf Mal so viel wie noch zur Jahrtausendwende.

Um die Prozesse schneller zu machen und damit auch die Kapazität der Flughäfen zu erhöhen, soll vor allem das Handling der Frachtunterlagen einfacher werden. Denn immer noch sind diese fest und meist in Papierform an die Frachtstücke gebunden. Das Fraunhofer Institut hat mit Smart Air Cargo Trailer bereits erste Grundlagen für eine Lösung gelegt, die diese Kopplung aufhebt. Das Prinzip ist einfach:  Frachtstücke werden über eine Kamerabrücke gescannt und über einen Barcode mit den hinterlegten Sendungsinformation verknüpft. Die entsprechenden Daten werden in die Cloud gestellt und stehen dann allen Beteiligten in der Lieferkette zur Verfügung. Weiterer Vorteil: Autonome Fahrzeuge können die  Frachtstücke anhand der eingescannten Daten zuordnen und so zum Beispiel zum richtigen Zeitpunkt zum richtigen Terminal bringen.

Top-Logistiktrend 1:  KI

Ein Folgeprojekt setzt auf KI-Systeme, um den Frachtumschlag am Flughafen effektiver zu machen.  KI-Systeme erkennen Art und Beschaffenheit der Frachtstücke bei der Einlieferung und erstellen  daraus ein Packmuster für die Beladung des Flugzeugs. Dieses Muster kann dann von Arbeitern per Augmented Reality abgerufen werden. Bisher erforderte die Erstellung eines solchen Packmusters einen Spezialisten oder eine Spezialistin mit viel Erfahrung und Wissen, etwa auch über das Handling von Gefahrengütern. Dies wird von der KI automatisch berücksichtigt.

Ähnliche Systeme sind auch für den Intermodal-Verkehr in Entwicklung. Beim Intermodal-Verkehr werden Güter in ein und demselben Ladebehälter auf zwei oder mehr Verkehrsträgern transportiert. Ein bekanntes Beispiel sind Container-Verladungen vom LKW auf einen Zug. Auch hier sollen KIs das umfangreiche Wissen der Lademeister über Normen und Gewichtsverteilungen nachbilden.

Abseits davon werden KIs Logistikunternehmen auch dabei helfen, den Transportbedarf besser vorauszusagen und so schneller auf Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Selbst zur Vertragsanalyse sollen sie künftig eingesetzt werden.

Logistiktrend: KI hilft beim Beladen.
Flugzeugbeladung: KI hilft beim optimieren. Screenshot: IW

Top-Logistiktrend 2: Blockchain

Die Blockchain-Technologie ist ebenfalls ein Logistiktrend der Superlative. Die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hat bereits Ende 2020 prognostiziert, dass die Blockchain das Potential hat, die weltweite Wirtschaftsleistung um 1,76 Billionen Dollar zu steigern. Das sind 1,4 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts.

In der Logistik automatisiert die Blockchain Prozesse und vereinfacht die Überprüfung von Waren. Sie reduziert die Papierberge und unterstützt eine durchgängige Rückverfolgbarkeit. Zudem fördert sie das Vertrauen zwischen Unternehmen und ermöglicht einen gleichberechtigten Austausch.  Für den Spediteur bleibt dadurch mehr Marge, denn teure Zwischenhändler werden nicht mehr benötigt.

Start-ups helfen bei der Optimierung

Es sind vor allem Start-ups, die Blockchain-Technologie in die Logistik bringen wollen. Dazu gehört etwa auch Ambrosus.  Die Schweizer verbinden Blockchain mit IoT zur Sendungsverfolgung und Optimierung der Lieferkette. Dabei werden die Daten verschiedenster Sensoren von der Blockchain validiert. Die Kunden, wie auch die Logistik-Unternehmen selbst, können basierend auf diesen Daten sogenannte Smart Contracts erstellen, bei denen es etwa um die Qualitätssicherung der Transporte geht.

Die amerikanische Steamchain hat eher die internationalen Transportketten und im speziellen die dort genutzten Bezahlsysteme im Visier. Das Unternehmen verspricht, dass durch die Blockchain-Technologie Rechnungen schneller beglichen und Wechselgebühren minimiert werden. Zudem bringt die Technik mehr  Sicherheit in die Transaktionen.

Start-ups wie Ambrosus nutzen die Blockchain für die Unterstützung von Logistikunternehmen.
Start-ups wie Ambrosus nutzen die Blockchain für die Unterstützung von Logistikunternehmen. Screenshot: IW

Top-Logistiktrend 3: Big Data

Auch Big Data spielt eine immer größere Rolle in der Logistik. Einer der großen Vorreiter hier ist UPS. Der Paketriese hat seit 2013 mehr als 80.000 Fahrzeuge mit jeweils mehreren hundert Sensoren ausgerüstet, die Fahrfunktionen wie Geschwindigkeit, Bremsen oder Rückwärtsfahren und natürlich auch den Standort registrieren. Zudem können die Sensoren Fahrzeugdaten wie Reifendruck oder Ladezustand der Batterie messen und weitergeben. Dadurch können IT-Systeme sich ankündigende technische Probleme erkennen und ihnen durch eine vorbeugende Wartung zuvorkommen. Die Standzeiten der Fahrzeuge werden so minimiert.

Die größten Vorteile ergeben sich aber durch Auswertung der GPS- und Standort-Sensoren in Verknüpfung mit Verkehrsdaten. Daraus lassen sich in Echtzeit optimierte Routen errechnen. Das hat gewaltiges Potential. Laut UPS-CTO Dave Barnes bringt eine Einsparung von einer Meile Fahrt pro Fahrzeug  eine Reduktion des Treibstoffverbrauchs pro Jahr um geschätzte 5,6 Mio. Liter. Weil ein Lieferfahrzeug aber 120 bis 140 Stopps pro Tag macht, funktioniert die Routenoptimierung nur mit einer immensen Rechenleistung.

UPS ist Vorreiter in Sachen Big Data .
UPS ist Vorreiter in Sachen Big Data . Foto: UPS

Für Logistik-Unternehmen, die diesen Aufwand nicht betreiben wollen, bieten spezialisierte Firmen ihre Dienste für die Routenoptimierung an – und das nicht nur auf der Straße. Das US-amerikanische Start-up Nautilus Labs etwa wertet die Routendaten von Schiffen aus und hilft Wege, Geschwindigkeit und damit auch den Treibstoffverbrauch zu optimieren.

FACTIC nutzt Big Data auf andere Weise. Das Start-up hat sich auf die Lebensmittelbranche spezialisiert und analysiert interne und externe Daten. Es  hofft so, Verkaufszahlen voraussagen zu können, um damit etwa die Lagerhaltung zu automatisieren.

SaaS:  Software mieten statt kaufen

Das Angebot von FACTIC basiert auf einer „Software as a Service“-Lösung (SaaS). Solche Angebote gehören zu einem weiteren Megatrend für das kommende Jahr. Solche Lösungen haben den Vorteil, dass sie nur geringe Eigeninvestitionen erfordern und zudem ständig sich ändernden Ansprüchen angepasst werden können. In der Regel sind SaaS-Angebote auch Cloud-basiert, was die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Transporteur stark verbessert. Wie etwa bei dem von dem  belgischen Unternehmen Alpega entwickelte System Inet, dass die Echtzeit-Kommunikation zwischen Hersteller und Logistikdienstleistern gewährleisten soll. Inet automatisiert dabei Prozesse und bündelt Transportanforderungen. Als Resultat  soll das System bis zu 25 Prozent Transportkosten und  87 Prozent an Prozesskosten sparen.

 

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