Auf dem Digitalgipfel 2019 sprach Intelligente Welt mit Bundesminister Andreas Scheuer über Digitale Plattformen, Netzausbau und vernetzte Mobilität.

Interview mit Bundesminister Andreas Scheuer: Digitale Plattformen und intelligente Netze

Auf dem Digitalgipfel 2019 sprach Intelligente-Welt-Chefredakteur Christian Spanik mit Andreas Scheuer, dem Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Wie passen digitale Plattformen, intelligente Netze und neue Mobilität aus Sicht des BMVI zusammen? Und sind wir nicht viel zu spät dran, wenn wir jetzt das Thema Digitale Plattformen in den Fokus stellen?

Der Digitalgipfel 2019 fand am 28. und 29. Oktober in Dortmund statt. Dort trafen sich die Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft, die in Plattformen und Fokusgruppen bereits das ganze Jahr zuvor Fragen rund um Netzausbau und Digitalisierung bearbeitet hatten. Zentrales Thema des Gipfels in Dortmund waren Digitale Plattformen – etwa für intermodale Mobilitätsangebote, B2B-Datenaustausch oder ähnliche Anwendungen. Sie sehen die Experten als wichtigen strategischen Faktor im Rennen um Digitalisierung und vernetzte Mobilität.

Über diese Plattformen und andere brennende Themen sprachen wir mit den vor Ort anwesenden Teilnehmern. Unsere Interviews werden wir in den kommenden Wochen hier veröffentlichen. Den Auftakt macht das Gespräch zwischen Intelligente-Welt-Chefredakteur Christian Spanik und Bundes-Verkehrs- und Digitalminister Andreas Scheuer.

Sie haben wie immer die Wahl: Schauen Sie sich das rund viereinhalbminütige Videointerview an – oder lesen Sie die Textfassung darunter:

Zunächst wollte Christian Spanik von Andreas Scheuer wissen: Rufen wir das Thema Digitale Plattformen nicht viel zu spät aus? Gerade Asien und die USA seien hier doch schon längst auf dem Weg.

„Vielleicht braucht man in Europa einen Tick länger“, meint dazu der Bundesminister. „Aber wir haben immer auch bewiesen: Wenn der Knopf aufgesprungen ist, flutscht es auch. Natürlich haben wir noch ein paar Grundfragen zu lösen. Aber an Plattformen kommt ja keiner vorbei, und jetzt müssen wir es gut machen – vor allem auch in der europäischen Diskussion. Das Denken der Bürger macht ja gottseidank nicht an den Grenzen Halt. Deshalb brauchen wir Plattformen, die den europäischen Markt abbilden.“

Zum Beispiel im Bereich Logistik habe es Deutschland geschafft, den Standard zu setzen. Auch im Maschinenbau hätten wir die weltweit gültige Sprache definiert. Ähnliches erwartet sich Andreas Scheuer auch von den Plattformen, vor allem wenn es um Mobilität gehe.

Die anderen haben die Netze, aber Deutschland hat die Maschinen?

„Es heißt oft, die anderen haben die Netze, aber wir haben die Maschinen.“, fragte Christian Spanik auf dem Digitalgipfel beim Bundesminister für Verkehr und Digitale Infrastruktur nach. „Ist das unser großes Asset für die Zukunft?“

Deutschland habe durchaus Zeit verloren – auch durch die Diskussionen, die wir hierzulande nun mal so gerne führen, so Andreas Scheuer. „Aber ich glaube, jetzt ist der Drive da – einfach weil wir müssen. Wenn wir in nächster Zeit in Deutschland wirtschaftlich erfolgreich sein wollen, müssen wir die Digitalisierung in Sachen Infrastruktur, rechtliche Bedingungen und auf Anwenderseite unter einen Hut bringen – und zwar sehr schnell.“

Ob es nicht so sei, dass die Industrie gern gegenüber der Politik nach Lösungen rufe, um dann selbst nicht in die Gänge zu kommen – wie zum Beispiel beim autonomen Fahren. Das fragte Christian Spanik den Minister.

Politik und Industrie stünden in sehr engem Austausch, betonte Andreas Scheuer auf dem Digitalgipfel. „Beim hochautomatisierten und autonomen Fahren haben wir viele Fragen vor anderen geklärt. Die unterschiedlichen Strategien lassen sich am Beispiel autonomes Fahren schön darstellen: Die Amerikaner sind vielleicht im Marketing besser und in der schnellen Umsetzung, weil alles liberal geregelt ist. Und dann schaut man einfach, was daraus entsteht. Bei uns geht es um ethische Fragen, um Sicherheitsfragen und viele Dinge mehr – neben der Technik des autonomen Fahrens.“

Wenn es gelänge, daraus ein überzeugendes Paket zu schnüren, sei Deutschland schnell wieder vorn mit dabei. Erneut führte der Minister den Bereich Logistik als Erfolgsbeispiel an. „Ich vertraue darauf, dass wir das nötige Potenzial in der Wissenschaft haben, die Ergebnisse in die Wirtschaft transferieren und das alles mit Fördergeldern und dem nötigen rechtlichen Rahmen voranbringen.“

Mobil und Digital spielen zusammen – der Digitalgipfel und weitere Aktivitäten der Bundesregierung

Welche Rolle in diesem Zusammenhang der Digitalgipfel-Prozess spiele, wollte Christian Spanik als nächstes wissen.

„Mobil und Digital müssen zusammenspielen“, antwortete darauf Andreas Scheuer. „Das machen wir in unserem Ministerium vor: Verkehrspolitik und digitale Infrastruktur. Denn wir dürfen nicht nur das Logisik- oder Mobilitätprodukt betrachten, sondern müssen auch an das Management darum herum denken.“ Ob ein Mobilitätsprodukt dann rot oder gelb lackiert sei, ob es länger, kürzer oder breiter sei – solche Fragen seien sekundär. Entscheidend seien eher Fragen wie: Wo setzt man solche Produkte ein, wie sehen sie technisch aus, und welche Daten stehen dafür zur Verfügung?

Die regelmäßige Klage aus der Industrie sei die von überbordender Bürokratie und zu langer Entscheidungsfindung, merkte Christian Spanik abschließend noch an. Was wolle Andreas Scheuer nach dem Digitalgipfel anders machen, um dagegen zu helfen?

„Ich mache das ja schon länger“, konterte der Minister. Er verwies auf die Mitte November vorgestellte Mobilfunkstrategie der Bundesregierung. Und weiter: „Wir haben Europas größtes Programm zum Glasfaserausbau. Wir haben den mFUND (ein Förderprogramm für Mobilität 4.0, Anm. der Redaktion) mit 180 Millionen für viele Startups bei uns im Haus. Wir fördern neue Antriebe, synthetische Kraftstoffe, neue Logistiklösungen.“

Also sei, gerade von der wirtschaftlichen Seite her, Bürokratie keine Ausrede. Das Motto müsse vielmehr lauten, „Wir machen, machen, machen“, so das Fazit des Ministers.

 

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