Entwickler wissen: Bei Konzepten, die sich in der Theorie gut anhören, stößt man in der Praxis manchmal unvorhergesehen an Grenzen. Was dann? Aufgeben, weg damit, alles neu? Das kann eine Lösung sein, muss es aber nicht. Manchmal hilft ein auftretendes Hindernis sogar, einen ganz neuen Lösungsansatz zu finden. So geschehen bei init und ihrem Versuchsaufbau zum Thema Bluetooth-Beacons zur Fahrgastinformation.
Ganz nach Geschmack: Schauen Sie sich das gut dreiminütige Video an oder lesen Sie unseren Textbeitrag darunter.
Die init innovation in traffic systems SE ist ein deutscher Hersteller von elektronischen und informationstechnischen Systemen für den öffentlichen Personenverkehr.
Aufgabenstellung:
Bluetooth-Beacons zur Fahrgastinformation
Die Frage, mit der sich init beschäftigte: Wie können Bahn- und Busunternehmen direkt, lokal und aktuell relevante Informationen an ihre Fahrgäste übermitteln? Wie bringt man relevante Informationen insbesondere auf die Smartphones der Fahrgäste? Erster Ansatzpunkt: Was könnte man mit Bluetooth-Beacons machen? Wie können sie in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden?
Versuchsaufbau:
40 Bluetooth-Beacons auf engstem Raum
Intelligente-Welt-Redaktionsleiter Hannes Rügheimer, ließ sich von Dirk Weißer, Projektleiter Forschung bei init, einen Versuchsaufbau erklären, der sich mit eben diesen Fragen beschäftigt. Der Aufbau bestand aus 40 Bluetooth-Beacons, die darauf programmiert waren Informationen zu senden. Zyklisch, alle hundert Millisekunden. Aus früheren Projekten war bekannt: Wenn viele Sender im Spiel sind, kann es auf der Empfängerseite Probleme geben. Was passiert also, wenn man 20, 30 oder 40 Sender einsetzt?
„Deswegen haben wir einfach mal getestet, wenn wir das im öffentlichen Verkehr verwenden. Was passiert“, fragt Dirk Weißer, „wenn auf einmal fünf Busse nebeneinander stehen und ihre Signale aussenden? Meinetwegen auch außerhalb des Busses. Und ich stehe mit meinem Smartphone da. Dann möchte noch der lokale Kiosk seine Werbung bringen. Und wir wollen vielleicht sogar noch Navigation machen auf Bluetooth-Basis. Dann können wir schon in die Situation reinkommen, dass, wo heute zwei Bluetooth-Beacons sind, wir auf einmal 10, 20 oder 30 begegnen.“
Erste Erkenntnisse:
Alte Smartphones brauchen zu lang
Eine der ersten Erkenntnisse aus dem Test: Je älter ein Smartphone, umso länger benötigt es, um alle Beacons zu identifizieren. Im schlechtesten Fall erfasste das mobile Gerät erst nach 17 Sekunden alle 40 Beacons. Eine relativ lange Zeitdauer – und für den Fahrgast, so Dirk Weißer, nicht mehr akzeptabel. Die Smartphones neuerer Generation finden die Infos jedoch deutlich besser, sodass man diese zur Fahrgastinformation im öffentlichen Verkehr besser nutzen kann. Bluetooth als alleinige Lösung erwies sich für den gedachten Einsatz allerdings letzten Endes doch nicht als geeignet.
Neue Strategie:
Hybrid-Ansatz zur Fahrgastinformation
„Wir sind mit dem Ansatz gestartet, dass wir über Bluetooth alle Informationen schicken wollen, haben aber festgestellt, wir können nicht genügend Geräte damit adressieren. Wenn wir jetzt an 50 Fahrgäste denken, die die Information haben wollen, klappt das über Bluetooth nicht wirklich zuverlässig. Nicht in der Qualität, wie es erwartet wird.“ Die Entwickler entschieden sich daher für einen Hybrid-Ansatz: Die großen Informations-Brocken erhält man über den öffentlichen Mobilfunk. Über die Bluetooth-Beacons in den Fahrzeugen oder an den Haltestellen werden zusätzliche Ad-hoc-Informationen zugänglich gemacht. Etwa zum jeweiligen Fahrzeug, zur aktuellen Fahrt, der nächsten Haltestelle, die angefahren wird, oder wo genau zwischen den Haltestellen man sich gerade befindet. So können weitere Informationen getriggert werden, wie etwa ein Vibrationsalarm, damit ein Fahrgast rechtzeitig informiert wird, dass er an der nächsten Haltestelle aussteigen muss.
Forschungsprojekt
Das Forschungsprojekt und der Versuchsaufbau mit den 40 Bluetooth-Beacons wurde in Zusammenarbeit mit einem Studenten im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit entwickelt und ist noch nicht für den realen Einsatz gedacht. Das Projekt nimmt aber durchaus die Idee eines Zukunftsszenarios in Sachen Fahrgastinformation vorweg.
„Mit Blick auf die Gesamtentwicklung gehen wir mal davon aus, dass sie in drei bis vier, fünf Jahren Stand der Technik ist und wir dann wirklich mit 40 Beacons draußen auch rechnen müssen.“
Dirk Weißer, Projektleiter Forschung, init