Für die Logistik ist KI eine der säulen der Digitalisierung

Wohin geht es in Digitalien? Folge 7: So unterstützt KI die Digitalisierung der Logistik

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz ist einer der vielversprechendsten Ansätze für die Digitalisierung der Logistik-Branche. Allerdings betrachten manche Branchenangehörige dieses Werkzeug dennoch mit Skepsis.
Auch wenn es bereits eine ganze Reihe von erfolgreichen Einsatzbeispielen gibt.

Aufmacherbild: Tom Fisk/Pexels

Es ist schon lange bekannt, und auch wir haben diese Tatsache bereits in früheren Beiträgen unterstrichen: Die Logistik ist eine der Branchen, die von der Digitalisierung am meisten profitieren kann. Eine der Säulen hierbei ist Künstliche Intelligenz.

KI kann bei einer Fülle von Aufgaben in der Logistik unterstützen – etwa bei der Lokalisierung von Gütern, bei ihrer Identifikation oder auch beim Zählen von Objekten. Sie lässt sich auch der Dokumentanalyse nutzen, zum Beispiel um Daten aus handschriftlich ausfüllten Lieferscheinen zu extrahieren. Oder bei  Planungs- und Entscheidungsprozessen, wo KI die Einteilung von Transportkapazitäten oder die Vergabe von Lagerplätzen unterstützt. Und nicht zuletzt verspricht KI Verbesserungen – oder überhaupt erst die Ermöglichung von digitalen Lösungen – bei bestimmten Prozessen in der Logistikkette. Prominente Beispiele hierfür sind das autonome Fahren oder die Automatisierung des innerbetrieblichen Verkehrs.

Für die Anwendung von KI in der Logistik gibt es eine Fülle von Aufgaben.
Für die Anwendung von KI in der Logistik gibt es eine Fülle von Aufgaben. Quelle: Whitepaper „Künstliche Intelligenz in der Logistik“/Fraunhofer IML

KI: Nutzung in der Logistik noch wenig populär

Trotz all dieser Vorteile scheint es aber so, dass KI-Systeme gerade in der Logistik-Branche noch nicht sehr populär sind. Wie eine Studie des Fraunhofer Instituts Austria unter 455 österreichischen Unternehmen ergab, hält sich vor allem die Logistik-Branche beim Thema KI deutlich zurück. So gaben gerade mal knapp 10 Prozent der österreichischen Branchenvertreter an, dass sie KI-basierte Lösungen zumindest in einer Pilotphase im Einsatz haben.

Im Bereich der Produktion physischer Güter ist der Einsatz von KI  etwas populärer als bei den Services und Dienstleistungen. Das mag auch daran liegen, dass es insbesondere im Bereich der Intralogistik einen eklatanten Arbeitskräftemangel gibt. Laut einer deutschen Studie, die gemeinsam von GreyOrange, einem internationalen Software- und Mobile-Robotics-Anbieter, und der Bundesvereinigung Logistik (BVL) erstellt wurde, hatten im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte der Logistik-Unternehmen mit einem signifikanten Fachkräftemangel zu kämpfen. In 13 Prozent der Firmen kam es dadurch sogar zu nachhaltigen Störungen. Auf Platz Zwei und Drei der größten Herausforderungen lagen Probleme bei der schnellen Skalierung des operativen Betriebs, sowie Probleme, den Warenbestand transparent zu verfolgen und zu überwachen.

Die Hälfte der deutschen Logistikunternehmen hatten im vergangenen Jahr mit Personalmangel zu kämpfen.
Die Hälfte der deutschen Logistikunternehmen hatten im Jahr 2021 mit Personalmangel zu kämpfen. Foto: Tiger Lily/Pexels

Bringt der Fachkräftemangel den Durchbruch für die KI?

Diese Erfahrungen könnten einen merklichen Schub für die Nutzung von Künstlicher Intelligenz bewirken: 82 Prozent der Befragten sehen nämlich einen verstärkten Einsatz von KI als eine mögliche Lösung der aufgetretenen Probleme. In Verbindung mit smarten Robotern soll KI helfen,  Auftragsspitzen abzufedern, aber vor allem auch  dem Fachkräftemangel im Lager entgegenzutreten.

Konkrete Anwendungen für KI findet man nicht nur in der Intralogistik, sondern auch in der Transportplanung. Die Vorteile hierfür liegen auf der Hand: Machine Learning macht Planungsprozesse schneller und effizienter. Zudem geht bei einem Mitarbeiterwechsel kein Wissen mehr verloren, denn die Algorithmen lernen ihr Verhalten von den Disponenten. Dazu gibt es auch bereits konkrete Produkte, die Logistik-Unternehmen einsetzen können – etwa das Transportmanagement-System CarLo von Soloplan. Es erlernt Präferenzen und Zusammenhänge vom Disponenten und plant anschließend auf dieser Basis selbständig Touren.

Bereits recht häufig im Einsatz ist die Erkennung von Gefahrenlabels. Sie erstellt für Packstücke eine Gefahrgutklassifikation  und erkennt dabei auch neue Varianten eines Gefahrgutlabels. Eine solche Erkennung lässt sich auch einsetzen, um etwa Paletten eindeutig zu identifizieren. Dabei kann sogar die Maserung der Holzblöcke im Fuß einer Palette zu einer Art Fingerabdruck werden. Seriennummern oder andere Tags sind nicht mehr notwendig.

Die Erkennung von Gefahrgut-Labels ist eine bereits oft genutzte Anwendung von KI in der Logistik.
Die Erkennung von Gefahrgut-Labels ist eine bereits oft genutzte Anwendung von KI in der Logistik. Quelle: Whitepaper „Künstliche Intelligenz in der Logistik“/Fraunhofer IML

KI optimiert Ladevorgänge

Das Ein-, Aus- und Umladen von Waren ist eine wichtige Tätigkeit in der Branche. Sie findet an Logistikknoten wie Flughäfen, intermodalen Terminals, Häfen oder auch Lagerhäusern täglich statt. Voraussetzung hierfür sind bestimmte Kapazitäten, wie freie Laderampenplätze, Stapler und natürlich die jeweiligen Mitarbeiter. Stehen diese nicht zur Verfügung, kommt es zu Wartezeiten. Überkapazitäten hingegen führen zu erhöhten Betriebskosten. Betreiber von Logistikknoten sind daher daran interessiert, die Ankunftszeit von Transporten im Voraus und so genau wie möglich zu kennen.

In der Praxis ist dieser Kapazitätsbedarf jedoch oft stark schwankend und schwer vorherzusagen, da ihn vielfältige Faktoren beeinflussen können. KI können jedoch Daten aus verschiedenen Quellen etwa Transaktionsdaten von Logistikdienstleistern, Verkehrsdaten oder Wetterdaten nutzen, um die Ankunftszeiten einzelner LKW vorherzusagen.

Die Software Opheo kann durch KI-Einsatz Verspätungen von Transporten voraussagen.
Die Software Opheo kann durch KI-Einsatz Verspätungen von Transporten voraussagen. Screenshot von Opheo-Website

Auch hierfür gibt es bereits fertige Lösungen. Das Software-Tool Opheo etwa stellt eine künstliche Planungsintelligenz zur Verfügung, die Vorhersagen über mögliche Transportverzögerungen liefert.

Lösungen auch für Bahn und Luftfahrt

Besonders schwer ist die Vorhersage für Luftfracht. Dies ist vor allem der Komplexität der Transportwege geschuldet. Mit Dynamic ETA for Air hat das Unternehmen  Fourkites ein KI-basiertes Tool auf den Markt gebracht, das hier Abhilfe schaffen soll.

Bei der deutschen Bahn soll ein ähnliches System im S-Bahnverkehr für reibungslosere Abläufe und pünktlichere Züge sorgen. Nach einem Pilotprojekt in Stuttgart soll es nun auch auf die  S-Bahnen in Rhein-Main und München ausgeweitet werden Die Disponenten in den Leitstellen könnten mit Hilfe von Algorithmen schneller entscheiden, welche Züge wann zuerst in den Bahnhof einfahren sollen. In Stuttgart etwa ließen sich auf diese Weise Verspätungen von bis zu acht Minuten ausgleichen. Die KI simuliert zudem auf Basis des Livebetriebs laufend die Entwicklung der Verkehrslage und meldet sich abzeichnende Konflikte frühzeitig. Auch für die Instandhaltung der Züge setzt die Deutsche Bahn bereits KI ein. Sie erkennt zum Beispiel automatisch Schäden an einem ICE und meldet diese weiter.

Wearables liefern Daten für KI-Anwendungen

Durchaus eine wichtige Rolle für den Einsatz von KI in der Logistik können auch Wearables spielen. Eine KI kann durch sie Muster erkennen, etwa für „Pickvorgänge“, also die Aufnahme von Waren aus dem Regal. So kann sie ermitteln, wie viel Zeit für das Picken, für Wege im Lager oder für das Kommissionie­ren und Verpacken benötigt wird. Dies ist durchaus auch im Interesse der Mitarbeitenden – so lassen sich zum Beispiel gesundheitsschädliche Bewegungen, wie beispielsweise unergonomisches Heben, erkennen. Solche durch KI aufbereitete Rohdaten können dann die Basis für Optimierungen im Lager sein. Wearables können auch erkennen, ob die Mitarbeitenden müde und gestresst sind. In solchen Fällen steigen die Unfallgefahr und auch die Fehleranfälligkeit. Ähnlich wie bei modernen Autos kann die KI solchen Problemen durch eine individuelle Pausenempfehlung begegnen.

Durch Projekt IMOC sollen autonome Fahrzeuge eine Lösungskompetenz für unvorhergesehen Probleme bekommen.
Durch Projekt IMOC sollen autonome Fahrzeuge eine Lösungskompetenz für unvorhergesehen Probleme bekommen. Grafik: STILL

Noch viel Entwicklungsarbeit zu tun

Die Einsatzmöglichkeiten von KI in der Logistik sind vielfältig. Aber viele der dafür erforderlichen technischen Entwicklungen stehen noch am Anfang. So sind etwa vollautonome Fahrzeuge, die Waren innerhalb einer Produktionshalle oder einem Lagerhaus selbstständig bewegen können, noch Zukunftsmusik. Das europäische Forschungsprojekts IMOCO versucht, diese Vision zusammen mit dem Intralogistikspezialisten STILL wahr werden zu lassen. Das Ziel ist es, den Fahrzeugen mit Hilfe hochentwickelter Sensorik eine Art Verständnis für ihre Umgebung und für auftretende Probleme eine Lösungskompetenz mitzugeben. An diesem Projekt sind auch die EU und das Bundesministerium für Bildung und Forschung beteiligt. Sein Abschluss ist für Ende 2024 geplant.

 

 

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