Technologie-Trends 2022: Strömungen bei Medien und Unterhaltung

Die Medienbranche befindet sich nicht erst seit letztem Jahr in einem grundlegenden Umbruch. Neue Medientypen und Angebote verändern das Nutzungsverhalten nachhaltig – traditionelle Vertreter wie gedruckte Zeitungen und Zeitschriften, aber auch das traditionelle lineare Fernsehen geraten zunehmend unter Druck. Die Corona-Pandemie hat manche Entwicklungen noch beschleunigt. Was sind die Medien-Trends 2022? Was erwartet Medienmacher und -konsumenten in den kommenden 12 Monaten?

Aufmacherbild: 11333328 auf Pixabay

Als präsentester Vertreter des Megatrends „Digitalisierung“ ist es vor allem das Internet, das für die großen Umbrüche in der Medienbranche verantwortlich zu machen ist: Social Media und traditionellere Webkanäle führten nicht nur dazu, dass traditionelle Medien wie Zeitungen, Zeitschriften oder auch das klassische Fernsehen mit Leser- und Zuschauerschwund zu kämpfen hat. Das bringt Verlage und Sender in Finanznöte: Wegbrechende Kioskverkäufe gehen einher mit massiv sinkenden Anzeigenerlösen. Gerade Letzteres macht auch dem traditionellen Fernsehen zu schaffen – den werbefinanzierten Privaten ohnehin, aber auch gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern, die immer auch auf Zusatzeinnahmen aus Werbung angewiesen waren.

Hinzu kommt das von Klick-Algorithmen beschleunigte Phänomen von Meinungsblasen, einseitiger Information bis hin zu Fake News: Das Versprechen, wirklich jeder könne zum Sender werden, zeigt damit seine hässliche und kaum in den Griff zu bekommende Kehrseite. Doch das alles ist nicht neu und eine seit Jahren stattfindende Entwicklung, die sich in ihrer Intensität und in ihren Auswirkungen allerdings beschleunigt. Mit Blick auf die nächsten 12 Monate zeichnen sich aber weitere Trends und Entwicklungen auf der Detailebene ab. Vorhang auf für die Medien-Trends 2022:

Social-Media-Trend 2022: Neue Kanäle, neue Inhalte

Auch wenn sich schon heute viele Menschen in erster Linie über ihre Social-Media-Kanäle informieren: Den Plattformen reicht ihre Reichweite und der Zeitanteil, den die Nutzer auf ihnen verbringen, noch lange nicht aus. Die Konsequenz: Social-Media-Kanäle wollen noch mehr klassische Mediennutzung zu sich herüberziehen – ein klarer Medien-Trend im kommenden Jahr.

Mit Facebook Watch versucht etwa Facebook, Nutzer von klassischem Fernsehen, Streamingdiensten oder auch YouTube und Co. auf die Social-Media-Plattform herüberzuziehen.  Auch das zur Zuckerberg-Familie gehörende Instagram setzt immer häufiger auf Video und mit „Instagram Video“ (eine Zeit lang unter dem Namen „IGTV“ bekannt) ebenfalls auf Video-Themenkanäle. Dass Mark Zuckerberg die Zukunft seines Konzerns in der virtuellen Welt „Metaverse“ sieht, in der die Nutzer gerne viel Zeit verbringen und viel Geld ausgeben sollen, steht nochmal auf einem anderen Blatt – dürfte aber zumindest im Jahr 2022  noch im Stadium eines Zukunftskonzepts bleiben.

Virtuelles Vergnügen: Facebook- und Instagram-Chef Mark Zuckerberg sieht die Zukunft seines Konzerns im „Metaverse“. Wird das wirklich ein Medien-Trend werden? Bild: Meta

Gerade jüngere Nutzergruppen interessieren sich aber ohnehin nicht mehr sonderlich für die Kanäle des Zuckerberg-Konzerns. Sie bevorzugen eigene Kanäle wie etwa TikTok, dessen Teilnehmerzahlen gerade durch die Decke gehen. Nach rund 1 Milliarde Teilnehmer weltweit im Jahr 2021 rechnet etwa der Analytics-Dienst App Annie mit 1,5 Milliarden im Jahr 2022. Bei solchen Zuwächsen überrascht es nicht, dass sich auch die Plattform ihrerseits weiterentwickelt will – beispielsweise vom coolen Peer-to-Peer-Medium auf dem Schulhof zum Kommunikationskanal, über den Unternehmen ihre Zielgruppen erreichen.

Während Freizeit-Medien auch die Business-Welt erreichen wollen, gibt es in der Geschäftswelt wiederum umgekehrte Trends: So plant die B2B-orientierte Vernetzungsplattform LinkedIn beispielsweise, schon in Kürze mit seinen „Audio Events“ einen Audio-Begegnungsdienst nach dem Vorbild der Social-Audio-Plattform „Clubhouse„.

Gaming-Trend 2022: Cloud-Gaming

Noch nicht gerade das „Metaverse“, aber eine logische Konsequenz aus dem Boom von Streamingdiensten (dazu gleich noch mehr) und der zunehmenden Nachfrage nach Unterhaltungsinhalten: der Boom von Videospiel-Plattformen.

Dabei geht ein klarer Medien-Trend weg von rechenleistungsintensiven Konsolen à la Playstation 5 oder Xbox Serie X hin zum Streaming von Spiele-Inhalten aus der Cloud. Bild und Ton der Games werden von leistungsstarken Servern erzeugt und auf die Entgeräte der Player gestreamt. Festnetze und Mobilfunknetze bieten dafür mittlerweile genug Bandbreite und ausreichend niedrige Latenzen.

Der Vorteil für Player wie Anbieter: Auch aufwändige Games lassen sich auf vergleichsweise leistungsbeschränkten Endgeräten spielen  – ob Smartphone, Tablet, Smart-TV oder Standard-Notebook. Das macht die Spiele breiter verfügbar und reduziert zumindest die Hardwarekosten auf Seite der Gamer.

Bei neuen Darreichungsformen wie Virtual und Augmented Reality löst das Streaming aus der Cloud zudem das Problem, dass die Empfangsgeräte möglichst kompakt, leicht und – für längere Akkulaufzeiten – energiesparend laufen sollten.

Kein Wunder also, dass Angebote wie Nvidias GeForce Now, Googles Stadia, Sonys PlayStation Now oder Microsofts Project xCloud genau auf diesen Medien-Trend setzen. Und wann immer Apple seine VR-Brille starten wird: Auch hier erwarten Marktbeobachter ähnliche Angebote beziehungsweise Mechanismen.

Spielen aus der Wolke: Mit dem Trend „Cloud Gaming“ verlagert sich die Rechenleistung von den Spielekonsolen in Cloud-Rechenzentren. Bild: Sony

Entertainment-Trend 2022: Immer mehr Streamingdienste

2020 und 2021 waren Boom-Jahre für Netflix, Amazon Prime, Disney+, AppleTV und Co. Zu der Tatsache, dass Streamingdienste ohnehin im Zeitgeist liegen (etwa durch die Möglichkeit. Serien am Stück zu „bingewatchen“), kam der von der Corona-Pandemie beförderte Nachfragezuwachs nach Unterhaltungsinhalten. Der Erfolg zieht Nachahmer an: Wer Medieninhalte hat, will mit einem eigenen Streamingdienst Kasse machen, pardon: neue Monetarisierungsquellen erschließen.

Ob „Paramount+“, NBC „Peacock“ oder Discovery+: 2022 suchen eine ganze Reihe neuer Streaminganbieter ihr Glück auf dem europäischen Markt. Selbst klassische Pay-TV-Sender bieten kostenpflichtige Zusatzangebote per App und Streaming, etwa „RTL+“ oder „Joyn“ von Sat.1 und Pro 7. Hinzu kommen Spartenkanäle wie DAZN, die direkt auf den Vertriebsweg Streaming setzen.

Für die Kunden ist dieser Medien-Trend keine gute Nachricht: Die Inhalte zerfasern sich immer mehr über unterschiedliche Plattformen. So musste etwa Netflix Ende 2021 diverse Erfolgsserien aus seinem Angebot streichen, weil sie ihre Lizenzgeber künftig lieber auf eigene Plattformen umziehen wollen. Als Paramount die gesamte Welt außerhalb von USA und Kanada von der neuen Staffel des Star-Trek-Ablegers „Discovery“ abschnitt, handelte sich sich der Konzern einen mächtigen Shitstorm ein. Nach rund 14 Tagen ruderten seine Manager zumindest soweit zurück, dass sie ihr Publikum nicht mehr monatelang auf den lokalen Start von „Paramount+“ warten lassen wollten, sondern die Serie über andere Bezahlkanäle anboten.

Klar ist aber auch: Selbst der größte Streamingfan wird nicht zehn Monatsabos für Streamingdienste abschließen. Also ist nach der Angebotsexplosion im Jahr 2022 auch schon eine Konsolidierungswelle in späteren Jahren abzusehen. Doch bis sich die Streamingwelt auf eine Handvoll großer Player bereinigt hat oder es Aggregatoren wie der Deutschen Telekom oder der Sky gelingt, mehrere relevante Angebote unter ihrem Dach zu versammeln, müssen Zuschauer Geduld haben oder ihre Geldbörsen weiter öffnen als ihnen lieb ist.

Noch ein Neuer: Mit „Paramount+“ will der US-TV-Sender 2022 auch in Deutschland starten. Bild: Paramount

Medien-Trend 2022: Neue Beziehungen zwischen Künstlern und Publikum

Der Verfall traditioneller Medienkanäle und -typen vom linearen Fernsehen bis zum Musikalbum auf CD bringt allerdings auch Künstler zunehmend in Bedrängnis. Von den Cent-Bruchteilen, die ein Song-Abruf per Audio-Streaming verdient, können Bands und Musiker nicht leben. Stark reduzierte Kinoeinnahmen in Folge von Corona setzten zudem der Filmbranche zu. Gerade für kleinere Studios und Independent-Produktionen sind die von den Major-Konzernen dominierten Streamingdienste auch nur sehr bedingt ein Ausweg aus dem Dilemma. Also sind neue Lösungen ebenfalls ein eindeutiger Medien-Trend.

Medienschaffende und Unterhaltungsanbieter suchen deshalb neue Erlösquellen und den möglichst direkt, von wenig Gliedern einer Verwertungskette gestörten Kontakt zu ihrem Publikum. Ob Bands digitale Unikate von Alben, Songs oder Memorabilia per Non-Fungible Token (NFT) verkaufen oder Filmemacher die direkte Finanzierung ihrer Projekte über Crowdfunding-Plattformen wie Patreon suchen – der Trend ist eindeutig: Wenn Vertriebe, Sender und Massenproduktion physischer Medien überflüssig werden, werden es die Instanzen, die an diesen Leistungen in der Vergangenheit verdient haben, ebenso. Da ist es nur konsequent, wenn „Creator“ den direkten Draht zu ihrem Publikum suchen.

Wie beim Crowdfunding üblich, können Fans auf diese Weise Künstler direkt unterstützen – bei Patreon etwa auch regelmäßig – und werden im Gegenzug mit exklusiven Goodies wie Bonus-Inhalten, Live-Meetings mit den Künstlern, Vorab-Zugriff auf Neuveröffentlichungen und Ähnlichem mehr belohnt.

Direktkanal: Plattformen wie „Patreon“ wollen eine direkte Verbindung und Finanzierung zwischen Künstern und ihrem Publikum herstellen. Screenshot von Patreon.com

 

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