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Clevere Kombi für die Energiewende: Power-to-Gas und Smart Grid

Das Smart Grid ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende – also eine intelligente Steuerung, die alle Energiequellen koordiniert und Strom nicht nur ins Netz einspeist, sondern bei Bedarf auch „zurücknehmen“ kann. Für diese Anforderung sind Power-to-Gas-Anlagen ein großer Hoffnungsträger.

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Schon mal eine Power-to-Gas-Anlage selbst gebaut? Vermutlich eher nicht. Aber wenn Sie die Idee fasziniert, zeigen Ihnen zwei Youtube-Chemiker, wie es geht – mit nur wenigen Zutaten aus dem Haushalt. Alexander Giesecke und Nicolai Schork demonstrieren das Grundprinzip von „Power to Gas“ in ihrem Nachhilfe-Channel auf Youtube- Art – und probieren das Konzept „Power-to-Gas“ (P2G) kurzerhand selbst aus.

Bewaffnet mit einer kleinen Haushaltsbatterie, Bechern, Reißnägeln, Reagenzgläsern, einem Tütchen Kaiser-Natron und destilliertem Wasser wandeln sie elektrischen Strom in chemische Energie um und fangen diese als Gas auf. Das lassen die beiden Chemiker anschließend per Feuerzeug mit einem „Plopp“ verbrennen – und beweisen so in Ihrem gut 6-minütigen Video: Das kleine Kraftwerk funktioniert!

Diese Demonstration verdeutlicht das vergleichsweise einfache Prinzip, mit dem in großen Anlagen überschüssiger Strom aus Windkraft und Solaranergie in Wasserstoff oder Methan umwandelt  wird. Das Gas kann dann in die bereits bestehenden Gasnetze gepumpt und dort gespeichert werden.  Dabei ist diese Idee gar nicht ganz neu – vorgeschlagen wurde sie bereits Mitte des 19. Jahrhunderts.

Aus erneuerbaren Energien Gas machen - und dann verbrennen. (C) DVGW
Aus erneuerbaren Energien Gas machen – und dann verbrennen. (C) DVGW

Power-to-Gas unterstützt das Smart Grid als flexibler Energiespeicher

Praktischerweise schlängelt sich bereits ein gigantisches Gasnetz durch Deutschland, mehr als 450.000 Kilometer stehen theoretisch zur Verfügung. Hinzu kommt, dass der Verbrauch von lokalem Erdgas rückläufig ist, wodurch freie Kapazitäten in den Gasnetzen zu erwarten sind. Allein in diesen Speichern könnte, so der Gasfachverband DVGW, der gesamte deutsche Strombedarf für fast drei Monate in Gasform eingelagert werden. Damit nicht genug, rechnet die halbstaatliche Deutsche Energie-Agentur (dena) auf ihrer Strategieplattform vor, dass das Gasnetz durch Erweiterungen und Neubauten bis zum Jahr 2025 sogar noch um gut die Hälfte größer werden soll.

Power-to-gas-Projekte laufen in immer mehr Gebieten in Deutschland. (C) DVGW
Power-to-Gas-Projekte laufen in immer mehr Gebieten in Deutschland. (C) DVGW

Die Idee hinter der Einlagerung von Gas: Was gespeichert wird, kann auch wieder abgerufen werden – wann immer es erforderlich wird. In der Nacht oder bei wenig Wind, wenn erneuerbare Energien naturgemäß ins Hintertreffen geraten, „reaktiviert“ man sozusagen die zuvor „zu viel“ gewonnene Energie: In Gaskraftwerken lässt sich das Gas wieder zu Strom umwandeln und beispielsweise ein Blockheizkraftwerk für das Strom- und Fernwärmenetz antreiben.

Der gewonnene Wasserstoff könnte aber auch Autos mit Brennstoffzellen antreiben, von denen immerhin schon gut 1000 auf deutschen Straßen unterwegs sind. Selbst die Rückeinspeisung ist möglich: Der Akku des Elektroautos, der nachts günstig mit Windgas-Strom geladen wurde, gibt seine Energie tagsüber ins Stromnetz ab – je nach Bedarf.

Smart Grid: Das Stromnetz muss intelligent werden

Um genau diesen Bedarf adäquat zu berechnen und die Verteilung zu koordinieren, kommt IT ins Spiel. Genauer gesagt das Smart Grid – also das intelligente Stromnetz, das den wechselseitigen Beziehungen und Auswirkungen mit einer effizienten Steuerung gerecht wird. In Zukunft spielen dezentrale Elektrizitäts-Versorgungs-Konzepte eine immer größere Rolle, prophezeit der DVGW und rechnet deshalb mit einem verstärkten Netzausbaubedarf und steigenden Anforderungen an diese dezentralen Anlagen.

Das Gasnetz bietet dem Smart Grid die größten Speicherkapazitäten in Deutschland. (C) DVGW
Das Gasnetz bietet dem Smart Grid die größten Speicherkapazitäten in Deutschland. (C) DVGW

Je nachdem, auf welche Anlagen-Arten sich dieser Ausbau konzentriert, wären unterschiedliche Nutzeneffekte realisierbar – beispielsweise könnte sich der Netzausbau im Strom- und/oder Gasnetz mehr Zeit lassen, bestehende Anlagen könnten optimiert werden, oder der Fokus liegt „nur“ auf einer Erhöhung der Versorgungssicherheit. Smart Grids unterstützen dabei nicht nur den Netzbetrieb, sondern stellen auch eigene Anforderungen an die Netzplanung. Ein Forschungsprojekt des Fachverbandes untersucht deshalb die Frage, wie groß der Nutzen durch den intelligent gekoppelten Betrieb von Stromverteil- und Gasnetzen ausfallen könnte.

Vernetzung als wichtiger Baustein für die Energiewende

Zu der Frage, wie wir künftig intelligente Stromnetze organisieren, hat die Intelligente Welt einen besonderen Vergleich gezogen: Was haben Blätter eines Baumes mit der Energiewende zu tun? Die Antwort gibt Ihnen dieses gut 4-minütige Video:

Eine intelligente Vernetzung testete im Frühsommer 2016 auch die Stadtwerkegruppe Thüga am Beispiel ihrer Power-to-Gas-Anlage in Frankfurt. Diese wurde mit einem realen Wind- und Solarpark sowie einem realen Blockheizkraftwerk in einem simulierten, sprich: virtuellen Smart Grid zusammengeschaltet. Wurde mehr Strom produziert als benötigt, lagerte die P2G-Anlage den selbstproduzierten Wasserstoff ein; konnten die Erneuerbaren der Stromnachfrage nicht nachkommen, nutzte das Blockheizkraftwerk die gespeicherte Energie.

Dieser Prozess erfolgte automatisch durch die intelligente Steuerungssoftware, die vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) entwickelt worden war. Der Test führte auch zu der erhofften Erkenntnis, dass die Anlage die so genannte Primär-Regelleistung erbringen kann. Das bedeutet in der Praxis, dass das gesamte Stromangebot innerhalb von 30 Sekunden für mindestens 15 Minuten durchgehend zur Verfügung stehen muss.

Zudem kann die Echtzeit-Steuerung in einem virtuellen Verbund mit weiteren Anlagen Unterschiede intelligent regeln: Automatisch reagiert sie auf sich ständig ändernde Bedingungen in der Erzeugung und beim Verbrauch. So kann ein solches „virtuelles Kraftwerk“ als Zusammenschluss von kleinen Stromerzeugern bedarfsgerecht Strom bereitstellen. Doch nur wenn hierbei ausgeklügelte Software zum Einsatz kommt, kann die Anlage vollautomatisch innerhalb weniger Millisekunden auf Anforderungen des Netzes reagieren.

Da ist es nicht mehr weit zur Vision der „Elektromobilität 2.0″: smarte Autos kommunizieren mit smarten Häusern, und die Elektroautos werden als fahrende Energiespeicher ins Smart Grid integriert. Die Intelligente Welt stellt in diesem knapp 4-minütigen Video das Forschungsprojekt MeRegioMobil vor und verdeutlicht die Funktionsweise des smarten Energienetzes anhand der Kombination Auto + Spülmaschine.

Mit diesem Konzept lassen sich Stromnetze entladen und die Netzstabilität dauerhaft verbessern.

„Die erneuerbaren Energien müssen wir auch in die Bereiche bringen, die wir nicht vollständig dekarbonisieren können.“

Dieses Zitat stammt vom Leiter des „Power-to-X“-Forschungskonsortiums an der RWTH Aachen, Walter Leitner. Er wünscht sich, dass Fahrzeuge Wasserstoff aus der „Ökostrom-Elektrolyse“ verbrennen und damit keine Treibhausgase mehr ausstoßen. „Nur was hinten rauskommt, zählt“, sagte einmal Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl. Und das wäre in diesem Fall – einfaches Wasser.

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