In einer Welt, in der Technologieentwicklung, Klimaschutz und gesellschaftliche Transformation immer stärker ineinandergreifen, steht die Innovationspolitik vor der Herausforderung, neue Wege zu finden. Volker Schaffler, Experte beim österreichischen Ministerium für Klimaschutz, gibt in diesem Interview dass ich mit ihm führen konnte interessante Einblicke, wie sich die Forschungsstrukturen in den letzten Jahren verändert haben – und warum diese Veränderungen so wichtig sind.
Im Rahmen meiner Reihe Energiegespräche auf der MIA 2024 – der Mission Innovation Austria Week – konnte ich Volker treffen und mit ihm aus Sicht eines Ministeriums darüber sprechen, was sich in Sachen Forschung und vor allem Förderung von Forschung verändert hat. Und das sind nicht nur kleine Aspekte. Es ist die gesamte Sicht auf die Förderung von Forschung.
Das gesamte Video zum selber ansehen gibt es hier:
Vom Einzelprojekt zur 360-Grad-Forschung
„Früher hatten wir Einzelprojekte – heute arbeiten wir 360 Grad,“ erklärt Schaffler. Diese Aussage fasst eine der zentralen Veränderungen in der Forschungsförderung zusammen. Während früher vor allem isolierte Projekte unterstützt wurden, liegt der Fokus heute auf einer umfassenden Betrachtung. Forschung ist nicht länger ein Selbstzweck, sondern wird in größere, missionsorientierte Programme eingebettet, die konkrete gesellschaftliche und wirtschaftliche Ziele verfolgen.
„Wir haben erkannt, dass die Begleitung von Forschungsprojekten genauso wichtig ist wie die Projekte selbst,“ so Schaffler. Als Beispiel nennt er die Entwicklung von Energiegemeinschaften in Österreich, die mit Forschungsprojekten vorbereitet wurden, um ihren späteren Impact in der Praxis sicherzustellen.
Warum Reallabore unverzichtbar sind

Einen besonderen Stellenwert räumt Schaffler den sogenannten Reallaboren ein: „Innovation braucht einen kontinuierlichen Reality-Check.“ Hier werden neue Technologien und Ansätze unter realen Bedingungen getestet – von Gebäudebegrünung bis hin zur Integration erneuerbarer Energien in regionale Versorgungsstrukturen. Diese Labore sind keine Spielwiesen, sondern systemrelevante Testfelder, die zeigen, ob Innovationen tatsächlich praxistauglich sind.
„Es geht nicht nur darum, ob etwas technisch machbar ist. Es muss auch rechtlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich umsetzbar sein.“
Volker Schaffler, BMK
„Es geht nicht nur darum, ob etwas technisch machbar ist. Es muss auch rechtlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich umsetzbar sein,“ betont Schaffler. Viele Technologien, die auf dem Papier bahnbrechend waren, haben nie den Sprung in die Praxis geschafft, weil genau diese Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Neue Instrumente für neue Herausforderungen
Eine weitere Entwicklung in der Innovationsförderung ist die Diversifizierung der Förderinstrumente. „Unsere Zielgruppe ist nicht die Bevölkerung direkt, sondern Institutionen, Agenturen und Intermediäre,“ erklärt Schaffler. Für diese Akteure habe man in den letzten Jahren neue Instrumente geschaffen, die den komplexen Anforderungen moderner Forschung besser gerecht werden.

Ein Beispiel dafür ist die Förderung von Projekten, die verschiedene Disziplinen und Akteure miteinander vernetzen. Hierbei wird nicht nur auf technologische Entwicklungen geachtet, sondern auch darauf, wie diese in gesellschaftlichen Kontexten wirksam werden können.
Die Rolle der Übersetzungsleistung
Ein oft unterschätzter Bereich ist laut Schaffler die Übersetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis: „Man ist oft so gebiast durch seine Spezialisierung, dass man diese Sprache nicht spricht.“ Genau hier sieht er großes Potenzial: Forschungsergebnisse müssen nicht nur in die Anwendung gebracht, sondern auch so aufbereitet werden, dass sie von Praktikern verstanden und umgesetzt werden können.
Forschung als Motor für den Standort Europa
Die Bedeutung dieser Entwicklungen geht weit über einzelne Projekte hinaus. Für Schaffler steht fest, dass Forschung und Innovation essenziell für den Standort Europa sind: „Die Frage, wie wir klimaneutral werden können, ist wichtig, aber sie ist nur ein Teilaspekt. Es geht auch darum, unsere Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze der Zukunft zu gestalten.“
Gerade in Bereichen wie der Energiewende sieht er immense Möglichkeiten, junge Menschen zu begeistern: „Es ist ein extrem zukunftsgerichtetes Thema. Es braucht kreative Köpfe, die über den Tellerrand schauen, genauso wie Moderatoren, die unterschiedliche Interessensgruppen zusammenbringen.“
Fazit: Innovation ist Teamarbeit
Das Interview mit Volker Schaffler zeigt deutlich, wie stark sich die Forschungslandschaft gewandelt hat. Von der Technologieentwicklung bis zur gesellschaftlichen Umsetzung ist Forschung heute eine vielschichtige Aufgabe, die Vernetzung, Kreativität und Übersetzungsarbeit erfordert. Reallabore und missionsorientierte Programme sind dabei zentrale Werkzeuge, um aus innovativen Ideen konkrete Lösungen zu machen.
Für die Innovationspolitik ist klar: Forschung allein reicht nicht. Nur durch eine enge Verzahnung von Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft können die großen Herausforderungen unserer Zeit bewältigt werden.