Mobilität neu gedacht: Das Auto als Speicher auf Rädern
Die Elektromobilität ist längst keine Zukunftsmusik mehr, sondern fester Bestandteil der Energiewende. Doch was passiert, wenn man ein Auto nicht mehr nur als Fortbewegungsmittel betrachtet, sondern als einen aktiven Teil des Energiesystems? Kurt Leonhartsberger, Experte im Bereich Mobilität und Energiemanagement, spricht über innovative Ansätze, die weit über das übliche Laden und Entladen hinausgehen.
Das gesamte Gespräch zum selber ansehen gibt es hier:
Das E-Auto: Ein Akku auf vier Rädern
„Das Auto hat vier Räder. Das ist praktisch, weil wenn das Auto ein E-Auto ist und vier Räder hat, dann könnte man den Akku bewegen“, leitet Leonhartsberger humorvoll ein. Doch hinter dieser simplen Aussage steckt eine tiefgreifende Idee: Elektroautos könnten nicht nur Energie speichern, sondern diese auch situationsbedingt wieder abgeben.
Der typische Alltag vieler Elektroautobesitzer sieht derzeit so aus: Sie laden ihr Fahrzeug zu Hause, fahren zur Arbeit, parken dort – und kehren abends wieder zurück. Doch dieser Ansatz schöpft das Potenzial von Elektrofahrzeugen längst nicht aus. Wie Leonhartsberger erklärt:
„Vielfach ist das Auto zu Zeiten, wo die PV-Anlage Strom produziert, ja gar nicht zu Hause. Es steht auf dem Firmenparkplatz oder dem Pendlerparkplatz, während man mit dem Zug weiterreist.“
Neue Ansätze für das Laden und Entladen
Hier setzen neue Konzepte an: Warum nicht dort laden, wo das Auto ohnehin steht, zum Beispiel auf dem Firmen- oder Pendlerparkplatz? Dies würde nicht nur die Eigenverbrauchsquote von überschüssigem Strom erhöhen, sondern auch die Netzbelastung in Spitzenzeiten reduzieren. „Wenn du dein Auto am Firmenparkplatz lädst und zu Hause abends entlädst, könntest du die Abendspitze reduzieren, die durch das Laden des Elektroautos entstehen würde.“

Ein weiterer Ansatz ist das gezielte Steuern des Ladezeitpunkts. Leonhartsberger erklärt: „Das System könnte wissen, wann du am nächsten Tag in die Arbeit musst, und das Auto nur so weit entladen, dass du sicher wieder dorthin kommst.“
Carsharing und flexible Mobilitätstarife
Ein besonders innovativer Gedanke dreht sich um die Kombination von Carsharing und Energiemanagement. Projekte wie Clean Bat Sharing experimentieren mit flexiblen Tarifen, die sich an den aktuellen Energiebedarfen und Überkapazitäten orientieren. Dabei wird das Auto nicht nur als Fahrzeug, sondern auch als Energieträger vermarktet: „Die Mobilität wird dadurch zum Abfallprodukt – und das meine ich positiv. Sie könnte kostenlos oder sehr günstig werden, weil sich das Auto über die Energienutzung finanziert.“
Ein konkretes Beispiel: Nutzer könnten bei der Buchung von Carsharing-Autos entscheiden, ob sie günstiger fahren wollen, indem sie ihren Fahrplan an den Energiebedarf anpassen. Tage mit hohem Energieüberschuss könnten mit niedrigeren Preisen belohnt werden. Leonhartsberger erklärt: „Es ist wie bei Skikarten: Man zahlt an einem Tag mehr, am anderen weniger, je nach Nachfrage.“
Hürden und Vertrauen auf dem Weg zur Energiewende
Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Viele Menschen stehen solchen Konzepten skeptisch gegenüber. „Am Anfang denken viele: Was soll das jetzt? Mein altes Denken umdrehen?“, berichtet Leonhartsberger. Doch er ist überzeugt, dass sich diese Skepsis durch praktische Beispiele abbauen lässt: „Wir müssen zeigen, dass es funktioniert. Nur so kann Vertrauen entstehen.“
Hürden und Vertrauen auf dem Weg zur Energiewende

Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Viele Menschen stehen solchen Konzepten skeptisch gegenüber. „Am Anfang denken viele: Was soll das jetzt? Mein altes Denken umdrehen?“, berichtet Leonhartsberger. Doch er ist überzeugt, dass sich diese Skepsis durch praktische Beispiele abbauen lässt: „Wir müssen zeigen, dass es funktioniert. Nur so kann Vertrauen entstehen.“
Dabei macht Leonhartsberger kein Geheimnis daraus, dass auch er gelegentlich Zweifel hegt: „Ich habe selbst zu Hause oft ein mulmiges Gefühl, wenn ich mein Elektroauto in der Nacht entlade, um den Haushaltsstromverbrauch zu decken. Jeden Morgen hoffe ich, dass der Algorithmus funktioniert hat und das Auto so geladen ist, dass ich sicher in die Arbeit komme.“ Dieses mulmige Gefühl, so betont er, sei typisch für den Menschen, auch wenn wir längst in einer hochtechnologischen Zeit leben.
„Wir sprechen über künstliche Intelligenz und hochentwickelte Systeme, aber einfache Regeln wie ‚Das Auto muss um 17 Uhr zu 50 Prozent geladen sein‘ lösen manchmal noch Sorgen aus. Genau hier müssen wir Vertrauen aufbauen und durch reale Projekte zeigen, dass diese Modelle zuverlässig funktionieren können.“
Leonhartsberger sieht in diesen Bedenken eine wichtige Aufgabe: Mit jedem erfolgreichen Projekt können Zweifel abgebaut und die Akzeptanz für innovative Konzepte gestärkt werden.
Auch rechtliche Rahmenbedingungen stellen manchmal eine Hürde dar. Obwohl technisch vieles möglich ist, fehlt es laut Leonhartsberger an klaren Vorgaben, die innovative Geschäftsmodelle unterstützen: „Man darf vieles – mehr, als man glaubt. Aber oft fehlen kleine Kettenglieder, die das große Ganze verhindern.“
Das Auto neu denken: Ein Blick in die Zukunft
Kurt Leonhartsberger und sein Team zeigen, wie das Auto als Speicher auf Rädern neue Möglichkeiten eröffnet. Die Vision: ein Mobilitätssystem, das nicht nur nachhaltiger, sondern auch flexibler und kostengünstiger ist. Durch innovative Ansätze wie gesteuertes Laden, Carsharing und intelligente Tarife könnte die Zukunft der Mobilität einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten.
Eins ist klar: Die Idee, das Auto neu zu denken, ist mehr als ein technisches Experiment. Es ist ein Paradigmenwechsel – ein Schritt hin zu einer vernetzten und ressourcenschonenden Welt.