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Optimale Effizienz mit Hilfe digitaler Geschäftsprozesse führt zu mehr Wettbewerbsfähigkeit – dazu haben wir im ersten Beitrag zu diesem Thema zwei Branchen in den Fokus genommen. Weitere Anwendungsbeispiele zeigen das große Potenzial.
Neben Erleichterungen für gut eine halbe Million Betriebe in der Bauwirtschaft sowie für Krankenhäuser, Ärzte, Reha- und Pflegeeinrichtungen, medizinische Einkaufsgemeinschaften, Lieferanten und Softwareentwickler – beide Bereiche haben wir im ersten Beitrag angesprochen – gibt es noch zahlreiche weitere Branchen, in denen „digitale Optimierungen“ für einen erstaunlichen Effekt sorgen könnten. Ganz abgesehen von Forschungsprojekten, die die gesamte Wirtschaft im Auge haben.
Betriebliches Prozessmanagement: Mögliche Schwachstellen finden
Echte digitale Geschäftsprozesse bei der Kooperation mit Partnern, Kunden und staatlichen Institutionen entwickeln sich immer mehr zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. „Für Experten ist das eindeutig: Man muss seine Prozesse besser unter Kontrolle haben, besser steuern, effizienter machen – aber wenn Sie wirklich mal in die kleinen und mittleren Unternehmen schauen, dann gibt es ganz wenige bisher, die wirklich auf eine solche Technologie setzen“, klagt Martin Jurisch, Geschäftsführer der AristaFlow GmbH, die zusammen mit der Universität Bayreuth ein Sicherheitsverfahren entwickelt (Projekt GESINE), mit dem elektronische Geschäftsprozesse automatisiert auf mögliche Schwachstellen hin analysiert werden.
Automobilindustrie: Kommunikation zwischen Herstellern und Zulieferern
Was große Herstellerfirmen längst machen – den standardisierten elektronischen Datenaustausch –, müssen viele kleine und mittlere Unternehmen, etwa Zulieferer, erst noch lernen. „Fax, Papier, das ganze Manuelle fällt weg. Dadurch wird der Prozess optimiert und die manuellen Fehler reduziert, denn der Gegenpart muss nicht mehr die ganze Rechnung oder Bestellung abtippen, sondern die Daten werden direkt vom einen ins andere System gesendet“, erklärt Gülten Altug vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation. In ihrem Projekt „CAR4KMU“ wird aktuell eine organisatorische Schnittstelle entwickelt.
Bauwirtschaft: Papierakten von Baustellen verbannen
Tatsächlich gehört auf den meisten Baustellen die gute alte Papierakte, teilweise dicke Ordner mit hunderten Seiten, immer noch zur Normalität. Da liegt es nahe, auf heutige Geräte wie Tablets umzusteigen, so dass man alle Daten immer verfügbar hat und auch gemeinsam, sogar an verschiedenen Standorten, daran arbeiten kann – dachte sich die Universität Bochum und startete das Forschungsprojekt „eBauen“. Damit können beispielsweise Aufmaß und Einbausituation digital erfasst, übermittelt und weiterverarbeitet werden. Die Konsequenz: weniger Fehler, höhere Prozessgeschwindigkeit.
Bürokratiekosten deutlich reduzieren
Was schätzen Sie, wie viele Informations- und Meldepflichten es gibt, die Unternehmen erfüllen müssen? Sage und schreibe mehr als 17.000 sind es für Bauen, Steuern, Gewerbe, Beschaffung und noch vieles mehr – und all das treibt die Bürokratiekosten der deutschen Wirtschaft auf jährlich 40 Milliarden Euro. Noch eine dritte, ebenso unglaubliche Zahl: Meist müssen viele Mitarbeiter, manchmal gar bis zu 25 für die Verfahren eingesetzt werden.
Gerade in diesem Bereich Zeit und Kosten einzusparen, ist das Ziel von PROKETTA, einem Forschungsprojekt des Institute for eGovernment in Potsdam: Ein eigens entwickelter Geschäftsprozessmanager hilft bei der Analyse ganzer Prozessketten, um den Ablauf zu optimieren.
Elektronischer Rechnungsaustausch spart viel Geld
Mehr als acht Milliarden Rechnungen werden jedes Jahr in Deutschland verschickt – würde man das zu einhundert Prozent elektronisch hinkriegen, wären sensationelle Einsparungen die Folge. Aktuell aber liegt der Anteil der Firmen, die auf elektronischen Rechnungsaustausch setzen, im niedrigen zweistelligen Bereich.
Ein Beispiel aus dem Alltag nennt Christian Nauth, Geschäftsführer der TASK eDoc Services GmbH, die bei einem Forschungsprojekt mit der Frankfurter Goethe-Universität kooperiert: „Wenn ein Empfänger ein PDF bekommt, sieht er sich immer noch mit der Tatsache konfrontiert, die enthaltenen Daten zu extrahieren, indem er es manuell abtippt, was fehleranfällig und zeitintensiv ist. Im Rahmen unseres Forschungsprojekts ‚eDocs‚ haben wir ein Verfahren etabliert, was auf sehr einfache, kostengünstige Weise die im PDF enthaltenen Informationen herauszieht, validiert und auch anreichert, um sie dann ohne weiteren menschlichen Eingriff in die nachgelagerten Systeme zu überführen.“
Welche Lösung passt am besten zum Unternehmen?
Diese Frage will das Forschungsprojekt „eStep“ beantworten. Denn viele kleine und mittlere Unternehmen sind sich unsicher, welchen konkreten Nutzen bestimmte Lösungen überhaupt bringen, was sie kosten und wie sie sich umsetzen lassen. Das Forschungsinstitut für Rationalisierung der RWTH Aachen hilft dabei mit einem Bewertungsinstrument, mit dem ein Unternehmen seine eBusiness-Anschlussfähigkeit analysieren kann, sowie mit einem Lösungstool für typische Probleme in der Prozesskette. Dass die entwickelten Konzepte funktionieren, beweisen sie bereits im Pilotbetrieb im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Verpackungs- und Verbrauchsgüterwirtschaft.
Fazit: Der Weg ist das Ziel
Mit einem effektiveren Datenaustausch gelangen kleine und mittlere Unternehmen schneller zum Ziel – und sichern sich damit nicht nur eine höhere Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch mehr Investitionssicherheit, da man für die Zukunft besser aufgestellt ist.
René Wagner