Schneller, genauer, wettbewerbsfähig: Effiziente Daten-Logistik als Motor für den Standort Deutschland – Teil 1

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Sind Datenströme noch etwas Besonderes, so wie damals auf einer Sonderbriefmarke der Deutschen Post? Ja, für viele Unternehmen im Jahr 2015 irgendwie immer noch, denn bei vielen besteht Nachholbedarf. Wer beispielsweise seine Unterlagen „digitalisiert“ als PDF-Dateien verschickt, hat noch längst keine digitalen Geschäftsprozesse, geschweige denn eine optimale Effizienz erreicht. Die jedoch ist wichtig, um wettbewerbsfähig zu sein. Wie also schafft man es im Sinne seiner Kunden, Dienstleister und Mitarbeiter, die richtige Information zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar zu machen?

Strom ist gelb, und Daten sind blau. An die erste Werbe-Erkenntnis haben wir uns (leider) gewöhnt, an die zweite (zum Glück) nicht: Vor einem Vierteljahrhundert feierte die Deutsche Post die Einführung von ISDN mit einer 80-Pfennig-Sonderbriefmarke, die als Hauptbild dieses Beitrags zu sehen ist. Da war die Einfärbung und Einteilung in Sprache, Text, Bilder und Daten noch leicht – heute dagegen müsste wohl ein vielfarbiges „Gewusel“ an Strichen und Fäden auf einer Briefmarke abgebildet sein, um die Realität in Sachen Datenstrom nur ansatzweise zu treffen.

„Effizienz“ aber würde bedeuten, genau dieses Gewusel aufs Nötigste zu reduzieren und konsequent zu straffen – oder dass an wichtigen Kreuzungen ein fleißiges Helferlein sitzen könnte, das den rasend schnellen Postboten spielt, der jedes Haus in jeder noch so kleinen Stichstraße wie seine Westentasche kennt. Das Ziel von Effizienz sei, so Wikipedia, „mit einem möglichst geringen Aufwand einen gegebenen Ertrag zu erreichen oder mit einem gegebenen Aufwand einen möglichst großen Ertrag zu erreichen.“

Egal in welcher Situation sich ein User gerade befindet, egal welche technischen Möglichkeiten sich ihm gerade bieten, egal wie viel oder wenig Zeit ihm zur Verfügung steht: Ist genau die Information, die er benötigt, rechtzeitig und vor allem passend aufbereitet „da“, ist das dafür entwickelte System schlicht und einfach… perfekt.

Zwei Beispiele unterstreichen den – für Außenstehende eher unmerklichen – gigantischen Bedarf an Optimierung. Schauen wir uns nur einmal die Bereiche Bauwirtschaft und Medizin an.

 

480.000 Betriebe archivieren alle Datenblätter zehn Jahre lang

So viele Unternehmen gibt es in der Bauwirtschaft, darunter auch Baustoff-Fachhändler und Hersteller, und alle haben ein „analoges“ Problem: Nach den Vorgaben des europäischen Chemikalienrechtes müssen sie zu gefährlichen Stoffen und Gemischen ein Sicherheitsdatenblatt an ihre Abnehmer übermitteln. Ein einheitlicher Standard zur digitalen Übermittlung fehlt bisher, und rechtliche Vorgaben machen die Datenblätter immer komplexer.

Die Bewältigung dieser Informationsflut ist für die Unternehmen in der Lieferkette nicht leicht – aus einem einfachen Grund: „Zwei Drittel der Sicherheitsdatenblätter werden nach wie vor in Papierform durch die Welt geschickt, der Rest kommt als PDF in die E-Mail-Postfächer der Kunden, und dort liegen sie dann und können nicht strukturiert weiterverarbeitet werden, müssen aber innerbetrieblich verwendet werden“, erklärt Norbert Kluger, Projektleiter des Gefahrstoff-Informationssystems der BG BAU in Frankfurt, und beschreibt das Szenario: „Wenn ich bestimmte Daten daraus brauche, die in meine innerbetrieblichen Systeme eingegeben werden müssen, werden sie mühsam von Hand abgetippt.“

 

Zu viele digitale Standards im medizinischen Bereich

Stichwort Dokumentationspflicht und Materialverbrauch im Gesundheitswesen: Wenn es einheitliche Schnittstellen gäbe, könnten Krankenhäuser, Ärzte, Reha- und Pflegeeinrichtungen, medizinische Einkaufsgemeinschaften, Lieferanten und Softwareentwickler effektiver miteinander kommunizieren. Lasse van de Sand, Projektleiter an der Hochschule Niederrhein in Krefeld, bringt es auf den Punkt: „Die vielen Standards sind nicht ausreichend harmonisiert, und genau daran arbeiten wir.“

Deshalb wird schon länger an Tools und Schnittstellen als Lösungsmöglichkeiten getüftelt – im Rahmen von Forschungsprojekten, die vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert werden.

 

 

Forschungsprojekte wollen „Flaschenhälse“ knacken

„Standard eCG“ heißt das Projekt der Hochschule Niederrhein, das Versorgungsprozesse bei größtmöglicher Qualität optimieren soll – zum Beispiel beim Materialverbrauch nach einer Operation: „Sie haben keine doppelte Dokumentation mehr, Sie haben weniger menschliche Fehler – ein idealer Anwendungsfall, dass die Daten aus dem OP bis direkt zum Hersteller und Lieferanten fließen, der mir dann das Produkt automatisiert nachliefert“, so Lasse van de Sand.

Auch für die Bauwirtschaft gibt es eine Lösung: Mit „SDBtransfer“ sollen Unternehmen die Sicherheitsdatenblätter rechtskonform digital übermitteln können – über einen zentralen Datenpool, auf den jeder Betrieb Zugriff hat. „Das entlastet schon jetzt unsere Projektpartner zeitlich und finanziell“, bestätigt Norbert Kluger, „und auch der Arbeitsschutz gewinnt, da die Sicherheitsdaten immer leicht und umfassend verfügbar sind.“

 

Viel Arbeit für die deutsche Wirtschaft – aber auch viele Chancen

Dies sind nur zwei Beispiele, die das enorme Optimierungspotenzial in deutschen Unternehmen greifbar machen. Salopp ausgedrückt: Der Weg ist das Ziel – wer den „Flaschenhals“ knackt, hilft dabei, unsere Wirtschaft noch wirtschaftlicher zu machen.

Übrigens: Über die beiden Beispiele hinaus widmen sich zahlreiche weitere Forschungsprojekte, die vom BMWi gefördert werden, den verschiedensten Branchenproblemen – diese stellen wir beim nächsten Mal hier in der Intelligenten Welt vor.

René Wagner

 

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