Die Initiative COBILITY will ein dezentrales Netzwerk für die Transportlogistik schaffen. Dazu setzt sie auf die Blockchain-Technologie und als offenes System auf standardisierte „Plug and Play“-Services. COBILITY soll ohne eine zentral geführte Plattform auskommen – stattdessen liegen die Entscheidungen über Regelungen und Steuerung bei den Nutzern. Frank Bolten, Geschäftführer der an der Initiative beteiligten Firma Chainstep, hat das Konzept auf dem 35. Deutschen Logistik-Kongress in Berlin vorgestellt.
Dieser Artikel ist eine Kooperation mit BVL.digital .
Unter dem Titel „Digitales trifft Reales“ fand Mitte Oktober 2018 der 35. Deutsche Logistik Kongress (DLK) in Berlin statt. Er bot auch der Initiative COBILITY eine Bühne, um sein auf Blockchain-Technologie basierendes „dezentrales Netzwerk für die Transportlogistik“ erstmals einem bereiteren Fachpublikum zu präsentieren.
Chainstep-Geschäftsführer Frank Bolten stellte die Initiative vor über 400 interessierten Teilnehmern vor. Einen Mitschnitt seines Vortrags sehen Interessenten in diesem rund 12-minütigen Video – oder Sie lesen den nachfolgenden Artikel.
Die zugehörigen Vortrags-Folien sind auf Slideshare verfügbar.
Initiative für dezentrale Transportlogistik
COBILITY ist eine gemeinsame Initiative von drei Unternehmen: Die CHAINSTEP GmbH hat sich zum Ziel gesetzt, Blockchain in die Realwirtschaft zu bringen. Die evan GmbH trägt mit ihrem evan.network eine hoch performante Blockchain-Plattform bei, die gezielt für Unternehmensbedürfnisse konzipiert ist. Und die XAIN AG gewährleistet den sicheren Datenaustauschen zwischen Menschen und Maschinen sowie zwischen Maschinen untereinander. Dazu bringt sie unter anderem ihre Kompetenz im Bereich künstlicher Intelligenz ein. Im Sinne eines offenen Netzwerks werden in Zukunft auch noch weitere Partner aufgenommen.
Bekanntlich steht die Logistikbranche vor großen Herausforderungen durch den Wandel in der Wirtschaft und die Auswirkungen der Digitalisierung: Mehr Wettbewerb und ein zunehmender Grad an Individualisierung führen zu einer deutlich höheren Komplexität in Supply Chains und damit nicht zuletzt zu einer steigenden Notwendigkeit von Kooperationen. Gleichzeitig wächst die Relevanz von Daten und deren Austausch.
Blockchain als technische Basis
Die Unternehmen der Transportlogistik stellen sich diesen Herausforderungen, wollen aber eine Abhängigkeit von marktbeherrschenden Plattformen vermeiden. Deshalb ist die Blockchain-Technologie so gut als Alternative oder Ergänzung geeignet. Als dezentral verteilte Datenbank ermöglicht es die Blockchain den Teilnehmern, direkt – also ohne den Einsatz von „Mittelsmännern“ – miteinander Transaktionen durchzuführen.
Dazu speichern Blockchains die Daten auf verschiedenen Speichereinheiten synchronisiert und quasi unveränderbar ab. Geschäftsprozessen bietet dies Vorteile wie sicheren Datenaustausch, die Gewährleistung der Echtheit von Daten sowie die Automatisierung von Abläufen. Einen ausführlichen Artikel über die Grundlagen von Blockchain Technologie finden Sie hier.
COBILITY will mehr bieten als andere Blockchain-basierte Logistik-Lösungen
Inzwischen gibt es eine Reihe von Ankündigungen Blockchain-basierter Lösungen für die Transportlogistik. Die meisten dieser Ankündigungen basieren auf einer sogenannten „privaten Blockchain“, bei der eine zentrale Stelle Steuerung und Regelung verantwortet. Für Anwendungen, bei denen in erster Linie Daten synchronisiert werden sollen und Partner bestimmte Prozessschritte automatisieren möchten, kann dies eine interessante Architektur sein. Das Ziel von COBILITY ist jedoch, die Potenziale der Blockchain-Technologie deutlich weitreichender zu nutzen.
COBILITY versteht sich als technischer Enabler und möchte ein dezentrales Netzwerk für die Transportlogistik schaffen, das den Nutzern gehört. Damit wird auch die sogenannte Governance, also die Regelung und Steuerung des Netzwerks, dezentral realisiert.
Als offenes System konzipiert, setzt COBILITY auf standardisierte „Plug&Play“-Services, die ähnlich wie bei einem App-Store als gemeinsam mit den Nutzern entwickelte Applikationen realisiert werden. Über Schnittstellen lassen sich zudem bei Bedarf auch individuelle Services ergänzen. Dabei soll das System kompatibel zu den relevanten Systemen und Standards der Transportlogistik sein.
Erste Anwendung im ersten Halbjahr 2019
Zunächst will sich die Initiative COBILITY auf vier grundsätzliche Use Cases fokussieren: Kapazitäten-Management, Dokumenten-Management, kommerzielle Prozesse sowie Tracking & Tracing. In allen Projekten ist das klare Ziel, die Governance gemeinsam mit den Marktpartnern zu entwickeln. Die Initiative wurde Ende August 2018 im Digital Hub Logistics in der Hamburger Speicherstadt bekanntgegeben. Erste Anwendungen sollen im Lauf des ersten Halbjahrs 2019 live gehen, anschließend ist ein kontinuierlicher Ausbau des Netzwerks und des Systems geplant.
Nach dem Vortrag von Frank Bolten fand auf der Blockchain-Session des DLK 2018 mit den weiteren Vortragenden unter der Moderation von Professor Dr. Fritz Henglein von der Universität Kopenhagen eine lebhafte Diskussion rund um den Einsatz von Blockchain in der Transportlogistik statt. Gemeinsam mit Florian Seffert, Principal Specialist IT Innovation bei Imperial, und Dirk Slama, Chief Alliance Offer Bosch Software Innovation, diskutierte Frank Bolten insbesondere über die Notwendigkeit von Standardisierung sowie zum Geschäftsmodell passende Governance-Strukturen. Einen Videomitschnitt der halbstündigen Panel-Diskussion sehen Sie hier: