Diesmal nimmt uns Christian Spanik in seinem Digitalmagazin 09:59 mit auf eine digitale Reise: Zunächst geht es nach Bangkok. Dann zu einem aktuellen Thema, das gerade viele Unternehmen Social-Media-mäßig beschäftigt (Stichwort Facebook). Zu einem Abstecher quasi in den Sandkasten. Und schließlich zurück in die 50er Jahre.
Die Themen dieser Sendung:
- Netzfund bei Markus Hündgen: Mr. Tong und sein besonderes Kaufhaus
- Kluger Kopf – Kluger Satz: Anja Teuner erklärt uns, warum „Digital“ uralt ist
- Thomas Kaspar, Ippen Digital: Verständnis für den neuen Facebook-Algorithmus
- Und: Wie hat man sich in den 50er Jahren die Küche der Zukunft vorgestellt?
Verständnis für Facebook-Algorithmus
Der neue Facebook-Algorithmus bereitet vielen Medien-Unternehmen derzeit Kopfzerbrechen. Zuerst wurden Zeitungen auf die Plattform gelockt, jetzt scheint es, als wären sie nicht mehr so wichtig. Thomas Kaspar von Ippen Digital hat Verständnis für den Strategie-Wechsel von Facebook: „Ich glaube, Facebook ist radikal Kunden-zentriert, und Mark Zuckerberg hat mit dem großen Hammer rein geschlagen und gesagt: Leute, ich höre so oft, dass wir unsere Nutzer zuspamen. Wir müssen was tun.“
Was früher die Farmville-Spiele-Einladungen waren, seien für viele Nutzer jetzt Videos und Clickbating-Posts. „Deswegen finde ich sehr gut, dass Facebook sich damit beschäftigt, Nutzer-zentriert seinen Newsfeed aufzuräumen. Dafür habe ich großes Verständnis“, erklärt Kaspar. Angst, dass dies der Todesstoß für Medienhäuser sein könnte, hat man bei Ippen Digital nicht.
„Facebook ist wichtig aber Verlage sind wichtiger.“
Zitat aus einem Artikel von Thomas Kaspar, Ippen Digital
Um diese Aussage ein wenig zu relativieren: Mit rund zwei Milliarden Nutzern ist Facebook natürlich wichtig und wird noch lange ein Austausch-Ort bleiben. Es gibt laut Kaspar auf lange Sicht aber keinen Ersatz für hochwertigen Inhalt, der Nutzer-zentriert aufbereitet Service bietet. Schon gar nicht im lokalen Bereich. Und deswegen erklärt er sich selbst als „relativ tiefentspannt“.
„Seit 30 Jahren wird mir erzählt, dass Verlage irgendwann sterben und dass alles über andere Kanäle abgespielt wird und uns gibt’s immer noch und es geht uns besser als je zuvor.“
Thomas Kaspar, Ippen Digital
3 Tipps von Thomas Kaspar für Verlage:
- Massenhaftes Posten auf der Fanpage – lasst es sein!
- Lasst euch was Besseres einfallen!
- Weg von der Reichweite – hin zum Engagement.
- Die wichtigste Kennzahl heißt heute nicht mehr „Wie viel Reichweite habe ich?“ Sondern: „Wie engagiert sind die Nutzer, wenn sie meine Inhalte sehen?“ Engagement als Kennzahl bedeutet: Hat der Nutzer den Post geteilt? Wie viele Kommentare gibt es? Und noch besser: Wie zweistufig ist die Interaktion? Also: Wurde ein Link, der von einem Nutzer geteilt wurde, danach nochmal geteilt? Wurde ein Kommentar weiter kommentiert?
- Überlegt euch: Was ist eure Haltung?
- Macht nicht jede noch so lustige Aktion mit, sondern denkt darüber nach, wofür ihr steht. Wie könnt ihr Nutzwert ausliefern? Wie kommt ihr wirklich zu euren Lesern und bietet ihnen echt guten Service?
Kluger Kopf – Kluger Satz: Anja Teuner – warum „Digital“ uralt ist
Im Rahmen einer realen Reise auf den Spuren der Digitalisierung traf Christian Spanik vor einiger Zeit auf Anja Teuner. Die Kuratorin der Technik- und IT-Abteilung im Deutschen Museum in München erklärte ihm, dass „Digital“ in Wirklichkeit ein sehr alter Begriff ist. Und dass es für das, was wir heute darunter verstehen, längst einen besseren Begriff gibt: Nämlich Vernetzung.
Anja Teuner, Kuratorin, Deutsches Museum
„Für mich ist Digitalisierung eine Art des Rechnens, die es schon ewig lange gibt. Wenn ich mit meinen Fingern zähle, rechne ich auch schon digital. Digital kommt von dem lateinischen Digitus. Das heißt Finger. Und wann immer ich sozusagen etwas abzähle, rechne ich schon digital. Das heißt, das ist etwas so Natürliches, was vielleicht auch schon ein Kind im Sandkasten tun kann und was in der Rechen-Geschichte schon ganz, ganz lange vorkam. In verschiedenen Rechenmaschinen. Deswegen sage ich: Das Wort Digital hat sich in seiner Bedeutung total gewandelt. Ich würde eher von dem Informationszeitalter und vor allen Dingen dem Zeitalter der Vernetzung und einer Online-Welt sprechen wollen.“
Anja Teuner, Kuratorin Technik- und IT-Abteilung, Deutsches Museum München
Netzfund der Woche: Mr. Tong, Bangkok
Dank Vernetzung und Online-Welt kann man auch ganz besondere Plätze kennen lernen, ohne selbst vor Ort zu sein. Zum Beispiel, wenn ein anderer seine Erlebnisse in den sozialen Medien teilt. Markus Hündgen ist sowohl einer der Webvideo-Pioniere in Deutschland als auch Mitgründer des Webvideo-Preises. Während einer Bangkok-Reise postete er seine Eindrücke vor Ort in Form kleiner Geschichten. Eine davon handelt von einem besonderen Warenhaus in Bangkok. Und seinem Inhaber: Mr. Tong. Wer bei ihm einkaufen will, der braucht eine Kamera und viel Überredungskunst.
„Ich muss wissen, warum jemand Geld dafür bezahlen will.“
Mr. Tong
Auszug aus einem Facebook-Posting von Markus Hündgen:
Mr. Tong sitzt rauchend in seinem Büro. Wer den entlegenen Weg in sein Warenhaus findet, kommt nicht an ihm vorbei. Spätestens am Ende der Shopping-Tour mit einem Foto des zu kaufenden Objekts. Egal ob eine lebensgroße Action-Figur oder ein schwedisches Tee-Service oder ein Holzschuh aus Nepal. Mr. Tong nennt seinen Preis und liefert direkt die Geschichte mit. Die des Objekts auf dem Foto und bei Bedarf auch seine eigene. Der Mann sammelt seit seiner Schulzeit alle möglichen Dinge aus aller Welt. Ohne Strategie, ohne Ziel, einfach irgendwie.
„Mein Leben lang sammle ich einfache Dinge. Kaufe sie auf meinen Reisen in Europa. Bringe sie nach Bangkok. Und jetzt reist ihr Europäer um die halbe Welt und wollt diese Dinge zurückkaufen.“
Mr. Tong
Auf vielen Dingen steht übrigens: „not for sale“.
Mit dem Digitalmagazin auf Zeitreise:
Die Küche der Zukunft des Jahres 1956
Mit einem kurzen Videoclip aus dem Jahr 1956 beschließen wir unsere kleine digitale Rundreise. Wie die Küche der Zukunft aussieht, wenn man sie mit den Augen eines Autoherstellers von damals betrachtet? Naja, gefühlt so, als würde gleich auch noch Doris Day um die Ecke tanzen. Die Idee war damals: Gibt es autonome Küchen, hat man mehr Zeit fürs Autofahren. Heute denkt man eher: Gibt es autonom fahrende Autos, hat man mehr Zeit, um ganz andere Sachen zu machen. Vielleicht Kuchen backen?