Gefüllte Zuschauerränger beim Bühnenmagazin der Intelligenten Welt auf der IT-TRANS in Karlsruhe

ÖPNV im Rampenlicht: Die wichtigsten Erkenntnisse der IT-TRANS 2016

Aufmacherbild: (C) Intelligente Welt

Eine Halle vollgepackt mit Forschern, Technikern, Unternehmen und Startups zum Thema Öffentlicher Personenverkehr – und mittendrin die Bühnenshow der Intelligenten Welt. Und dann versuchte das Schicksal, uns einen Strich durch die Rechnung zu machen. Doch die tollen Gäste haben alles rausgerissen.

Der Co-Moderator kurzfristig im Krankenbett gelandet, ein Talk-Gast dank verkehrstechnischer Probleme im Ausland gestrandet und das Risiko, ein komplett deutschsprachiges Programm auf einer internationalen Messe zu fahren – warum sollte es für Moderator Hannes Rügheimer auch ein Spaziergang werden? Ja, ein paar multimodale Wortspiele, passend zu einer Fachmesse im Zeichen des Öffentlichen Personenverkehrs, sind da durchaus gestattet.

Nichtsdestotrotz konnte die Bühnenshow der Intelligenten Welt auf der IT-TRANS 2016 in Karlsruhe schließlich dennoch vor vollem Haus und interessierten Zuschauern, hochkarätige Gäste und spannende Themen präsentieren.

Big Data – Chancen nutzen

Was ist Big Data? Wem gehört es? Teilen wir das? Darf man das?

Andrea Söhnchen von UITP bei ihrer Keynote
Andrea Söhnchen, UITP

In ihrer Keynote machte Andrea Söhnchen vom Internationalen Verband für öffentlichen Personenverkehr (UITP) schnell klar, dass für sie die viel interessantere Frage heißt: Big Data – Was kann ich damit machen? Was habe ich persönlich, was hat mein Kunde, was haben andere davon?

Die Chancen von Big Data sieht Söhnchen darin, das zu bieten was der Kunde braucht, in dem Moment in dem er’s braucht, an dem Ort an dem er’s braucht. Dazu gehört für sie, Verkehrsangebote zu optimieren – den Fahrplan, die Flotte und das eingesetzte Verkehrsmittel –, Anreize für Kunden zu schaffen und Ressourcen zu managen und damit vielleicht auch den jeweils besten Preis anbieten zu können. Doch „Sind wir schon so weit im ÖPNV?“, fragte sie durchaus branchen-selbstkritisch.

Klar machte sie: Big Data ist keine einseitige Sache. Dazu zitierte sie den Mobilitäts-Visionär Gabe Klein: „Stop fighting, start to be a partner.“

https://www.youtube.com/watch?v=YHEibGxjFfQ

Daten zu verschenken

Diesen Gedanken griff auch Günter Schwaninger, Projektmanager der Deutschen Bahn, bei seinem Talk-Thema Open Data auf. „Be a partner funktioniert nur, wenn man ein Geben und Nehmen organisiert bekommt“, erklärte er. Daher würde man bei dem für die Deutsche Bahn wichtigen Thema Open Data auch mit Communities wie Open Street Map  oder der Open Knowledge Foundation  zusammenarbeiten. Denn Schwaninger ist überzeugt, dass Open Data kein vorübergehender Trend ist: „Darüber steht Digitalisierung, und Digitalisierung wird nicht mehr weggehen.“

https://www.youtube.com/watch?v=P4z8VbLowHs

Open Data sei außerdem eine Chance, mit der Datenpflege bei riesigen Datenmengen hinterher zu kommen – indem nämlich andere bei dieser Datenpflege helfen. Warum die das tun?

Günter Schwaninger, Deutsche Bahn, im Talk mit Moderator Hannes Rügheimer
Günter Schwaninger, Deutsche Bahn, im Talk mit Moderator Hannes Rügheimer

„Weil sie was davon haben. Und wir haben auch was davon – weil wir besseren Kundenservice anbieten können“, erklärt Schwaninger, warum der direkte Kontakt zur Community der Deutschen Bahn so wichtig ist. Um etwas zurückzugeben, hat die Deutsche Bahn außerdem ein Datenportal eingerichtet: Unter data.deutschebahn.com finden sich diverse Datensätze beginnend bei Haltestellen mit Koordinaten, über Orte und Öffnungszeiten von Reisezentren, Adressen von Bahnhöfen, bis hin zu Fahrplänen.

„Wir verschenken unsere Daten.“
Günter Schwaninger, Projektmanager DB

Vor Konkurrenz hat Schwaninger  keine Angst. Er sagt sogar: „Wir geben extra die Daten raus. Und wer glaubt, daraus einen besseren Service machen zu können, ist eingeladen das zu tun.“

https://www.youtube.com/watch?v=mblWglfLci8

Demand-Responsive Transport

Dr. Tom Kirschbaum, Geschäftsführer des Berliner Startups ally, sprach über die fortschreitende Automatisierung bei Transport und Logistik und empfahl, diese Lösungen mit offenen Armen zu empfangen.

Er präsentierte seine Vorstellung des öffentlichen Nahverkehrs, in der sich nicht der Mensch nach dem Angebot richten solle, sondern umgekehrt der Verkehr sich danach richten solle, was die Menschen wollen. So entstünde ein nachfrage-basiertes Verkehrssystem – auf Englisch: „Demand-Responsive Transport“.

Wie schon vom Taxi bekannt, soll in Zukunft der

Dr. Tom Kirschbaum, Geschäftsführer des Berliner Startups ally
Dr. Tom Kirschbaum, Geschäftsführer, ally

Nahverkehr die Nutzer vor der eigenen Haustür abholen und dorthin bringen, wohin sie wollen. Nicht eine statische Route, sondern Daten und Algorithmen werden     darüber entscheiden, wo der Bus entlangfährt. Erste Pilotprojekte in geschützten Bereichen soll es bereits in diesem Jahr geben.

Das Rezept von ally besteht aus einer App, die als Mobilitäts-Sensor dient. Dieser Sensor umfasst alle Arten von Mobilität, vom öffentlichen Bus bis zum Bike-Sharing. Das „Mobility Analytics Tool“ vergleicht Angebot und Nachfrage, und macht diese Informationen zugänglich. Und mit „Mobility Utilization“ will ally Partner der Industrie sein und die Art und Weise verändern, wie Verkehr funktioniert. Das Ziel ist, die Nutzer schneller, einfacher, und umweltfreundlicher von A nach B zu bringen. Laut ally ist die App bereits in mehr als 100 Städten weltweit verfügbar, 76 davon in Deutschland.

https://www.youtube.com/watch?v=zFMbsmlAvLs

Individuell und flexibel

Von einem starken Trend zur Individualisierung und Flexibilisierung im öffentlichen Verkehr berichtete auch Dr. Norbert Koppenhagen, Vice President Research & Innovation bei SAP. Nicht nur im Supply Chain Management werde die Losgröße Eins diskutiert, auch beim ÖPV geht der Trend in Richtung kleinerer logistischer Einheiten.

Dr. Norbert Koppfenhagen, SAP, im Gespräch mit Moderator Hannes Rügheimer
Dr. Norbert Koppenhagen, SAP, im Talk mit Moderator Hannes Rügheimer

Ein Verschwimmen der Grenzen von öffentlichem und privatem Verkehr sei ebenso zu erwarten wie ein Balancieren von zentralem und dezentralem Management in der Verkehrsplanung und -durchführung.

Koppenhagen erwartet neue Mobilitätsanbieter zum Beispiel aus der Start-up-Szene, Sharing-Anbieter, klassische Betreiber von öffentlichen Verkehrsträgern, bis hin zu Automobil-Herstellern und IT-Anbietern.

Beste Chancen hätten Unternehmen, die in Richtung Individualisierung gingen und mit kleineren logistischen Einheiten flexibler auf Kundenbedürfnisse eingehen. Datenschutz und datenrechtliche Aspekte können sich dabei laut Koppenhagen sogar als Wettbewerbsvorteil auswirken.

https://www.youtube.com/watch?v=iqFvr1H3dRE

Wichtig sei auch der Netzwerk-Aspekt – wer in der Lage sei, seine Dienstleistungen in ein Gesamtkonzept von Verkehrsnetzwerken, Standards und entsprechenden Partnern einzubinden, werde zu den Gewinnern zählen. Im Bereich des öffentlichen Verkehrs erwartet Koppenhagen, dass mehr Intelligenz von der Infrastruktur in die logistischen Einheiten fließt und die Infrastrukturen weitergehende Aufgaben übernehmen.

https://www.youtube.com/watch?v=sT-5dF3wvqE

Datenschutz leben

Zur Berücksichtigung des Datenschutzes in Mobilitätslösungen empfahl schließlich Sjef Janssen, Geschäftsführer der VDV eTicket Service GmbH & Co. KG., bereits im Vorfeld Kontakt mit den

Sjef Jannsen, Geschäftsführer VDV eTicket Service GmbH
Sjef Janssen, Geschäftsführer VDV eTicket Service GmbH

zuständigen Behörden aufzunehmen, um die jeweiligen Anforderungen zu klären. So sei man auch beim eTicket vorgegangen und konnte damit sicherstellen, dass alle Anforderungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) richtig umgesetzt wurden.

Die Reise gehe in Richtung Multimodalität und Big Data. Auf dieser Basis müsse auch der Datenschutz diskutiert werden und sich dementsprechend verändern. Wenn verschiedene digitale Services vernetzt würden und dabei Daten entstünden, müssten alle vernetzten Dienstleister nach denselben Regeln spielen. Die gemeinsame Basis müsse vorher erarbeitet werden – nicht hinterher. Hier sieht Janssen eine starke Branchenorganisation als wichtiges Werkzeug, um diese Anforderungen der digitalisierten Welt zu stemmen.

https://www.youtube.com/watch?v=O8Xw8ni4m_0

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