Auch in der Unterhaltungsbranche wird die Digitalisierung zum Schrittmacher – und Corona steht dabei Pate. Werden Roboter vielleicht zum „nächsten großen Ding“ bei Shows und Events? Wahrscheinlicher sind kreative Ideen und innovative digitale Lösungen, die die bisherige Multimedialität buchstäblich in neue Sphären führen. In den nächsten Jahren sind beeindruckende Erlebnisse zu erwarten.
Autor: René Wagner; Quelle des Aufmacherbildes: YouTube / Fukuoka SoftBank Hawks, SoftBank Robotics
Sind das die Cheerleader der Zukunft? Technisch beeindruckend, aber auch ein wenig unbeholfen und unfreiwillig amüsant: So präsentierten sich Roboter in Japan bei einem Baseballspiel der Fukuoka Hawks gegen die Rakuten Eagles.
Weil wegen Corona-Beschränkungen keine Fans ins Stadion durften, sorgten unter anderem Roboter der Firma Boston Dynamics (mittlerweile eine Tochter von Google) für Ersatz. Und für einen Auftritt, der die Komplexität der Planung und Programmierung erahnen lässt.
Doch auf Sicht scheint die Rolle der menschlichen Profis gerettet: Zu wenig menschlich wirken die Bewegungen. Ein Hingucker, schon wegen ihrer Neuartigkeit, sind die Cheerleader-Roboter jedoch allemal.
Digitalisierung macht Shows und Events beeindruckender
Die Digitalisierung macht auch vor der Show- und Event-Branche nicht Halt, regelmäßig überrascht sie mit neuen Ideen und Innovationen. Dabei kommt Software in der Unterhaltungsbranche, von der Einladung zu Events bis zur Nachbereitung, schon lange zum Einsatz.
In den letzten Jahren wurde jedoch eine neue Dimension erreicht: Die Teilnehmer sind nicht mehr nur dabei, sondern mittendrin – sie werden aktiv in das Event einbezogen.
- Mehr und mehr werden Angebote so individualisiert, dass jeder einzelne Teilnehmer sich angesprochen fühlen und mit den Darbietungen interagieren kann.
- Live-Streaming ist so weit entwickelt, dass Zuschauer auch andere Teilnehmer, die nur virtuell dabei sind, sehen können – so als wären sie Teil eines „echten“ Events.
- Firmen können Teilnehmer gezielt auswählen, sie „anfunken“ und zu Challenges, Gewinnspielen oder auch zu Vorstellungsgesprächen einladen. Ebenso möglich ist die automatische Vernetzung untereinander, je nach Interessensgebieten.
- Moderne Event-Apps lassen es zu, die Smartphones aller Teilnehmer zusammenzuschalten, zum Beispiel für Online-Votings oder auch eine gigantische Lichtshow mithilfe der Handydisplays.
- VR-Anwendungen machen es möglich, die Teilnehmer buchstäblich tiefer in Produkte eindringen zu lassen: Man schaut regelrecht hinein, lernt das Produkt näher kennen und bekommt alle Informationen, die sich der Kunde wünscht.
Im Trend: Live-Abstimmung aller Teilnehmer
Erinnern Sie sich noch an das Fernseh-Voting-Verfahren TED = Tele-Dialog? In den ersten Sendungen von „Wetten, dass..?“ konnten 1000 ausgewählte Fernsehzuschauer telefonisch einen Tipp auf den Ausgang der Wetten abgeben. „TED“ präsentierte innerhalb weniger Minuten live in der Sendung das Tippergebnis.
Live-Abstimmungen sind heutzutage mittels Event-Apps möglich: Wer sein Smartphone dabei hat, kann sich über den Aufruf einer URL oder per QR-Code-Scan mit den anderen Teilnehmern verbinden und bei einer Abstimmung mitmachen, die alle Teilnehmer des Events befragt. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt sofort und ist für alle sichtbar.
Überhaupt sind maßgeschneiderte Event-Apps derzeit das Maß aller Dinge. Die Apps, die zum Beispiel von Sli.do, Efec, Glisser oder MEA angeboten werden, digitalisieren ganze Tagungen, Konferenzen oder Unterhaltungsveranstaltungen. Was bedeutet, dass sie herkömmliche Print-Programmhefte ersetzen, die Kommunikation unter den Teilnehmern fördern, Präsentationen interaktiv machen, direktes Feedback ermöglichen und vieles mehr. So zum Beispiel das Versprechen von MEA, der „Mobile Event App“.
Drohnen, Virtual Reality und sprechende Roboter
Intel etwa begeistert auf Events mit Shows aus 300 LED-bestückten Drohnen, die Formationen mit verschiedensten Figuren am Nachthimmel bilden. Die „Intel Shooting Stars“ waren unter anderem auf den Computermessen CES und CeBIT zu Gast.
Apropos CeBIT: 2018 lud Vodafone in seinem „VR Dome“ zur virtuellen Reise durch alle Stufen der industriellen Revolutionen ein, von der Frühindustrialisierung bis zur Industrie 4.0. In einer 200 Quadratmeter großen Kuppel erlebten die Besucher mittels Virtual Reality zum Beispiel eine Reise im Spaceshuttle zum Mond.
Auch Künstler nutzen die Digitalisierung zunehmend – und für ganz neue Acts:
Das Berliner REACTeam kombiniert ein elektronisches Musik-Tool, akustische Instrumente und direkte Interaktionsmöglichkeiten der Zuhörer zu einem völlig neuen Musikerlebnis.
Was manche vielleicht als beeindruckenden Drum-Act kennen, wurde nun spektakulär weiterentwickelt: Die Formation „Get Groovin’“ erschuf – weltweit einzigartig – ein Instrument, das aus LEDs und Trommeln besteht, auf denen wiederum hochauflösende Bildinhalte dargestellt werden. Das Instrument kam bereits auf Veranstaltungen von großen Konzernen zum Einsatz.
Ebenso bei großen Firmen-Events spielt die „JCB iPad Band“ aus Berlin, die auf Tablets außergewöhnliche Musik geradezu zelebrieren.
Jedes Augenpaar auf der Welt ist einzigartig und verdient besondere Aufmerksamkeit, dachte sich das Yippyeye-Team und fängt seitdem die Iris von Event-Besuchern ein, um sie künstlerisch darzustellen und dem Besucher als hochwertigen Ausdruck mitzugeben.
„Pantomime Popkultur“ wiederum hat sich unter anderem auf sprechende Roboter spezialisiert. In einem Beitrag zur Eigenwerbung präsentiert der Agenturchef Stefan Langenberger „die acht besten Künstler-Ideen zur Digitalisierung für Messe und Event“. Dazu zählen beispielsweise ein Roboter-Moderator und ein iPad-Magier.
Shows und Events digitalisieren: Weniger ist mehr?
Bei aller Begeisterung über neue Techniken und kreative Ideen stellt sich jedoch auch die Frage, wann der Punkt erreicht ist, an dem ein „Overkill“ eintritt – und ob nicht weniger doch vielleicht mehr sein könnte.
So schrieb das „German Convention Bureau“ (GCB), das hunderte Kongresszentren, Tagungsstätten, Veranstaltungsagenturen und städtische Marketingorganisationen vertritt, schon 2015 in einem Meinungsbeitrag:
„Ob also bei der nächsten Tagungsbewirtung ein Lebensmitteldrucker zum Einsatz kommt, der Eventablauf von einem Roboter gesteuert wird, die Tagungsunterlagen von einer Drohne überbracht werden oder sich die Teilnehmer eines Meetings als Projektion treffen, will gut überlegt sein, um nicht über das Ziel hinaus zu schießen.“
Das GCB plädiert deshalb für eine gesunde Mischung: Veranstalter sollten „innovative Technologie, ein paar hippe Gadgets sowie zielgruppen- und trendgerechte Eventformate mit einer nachvollziehbaren Wertewelt, ein paar konservativen Veranstaltungselementen, Motivationsimpulsen und inspirierenden Veranstaltungsinhalten kombinieren“.
So hinterlasse jedes Event einen bleibenden Eindruck – analog und digital.