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Thinktanks für Logistik und Mobilität: Hier wird Zukunft geschrieben

Forschung und Entwicklung gehen nicht nur von Instituten und Organisationen aus: Auch Unternehmen aus den betroffenen Branchen beteiligen sich an der Suche nach neuen Ideen. So zum Beispiel in den Bereichen Logistik und Mobilität. In speziellen Thinktanks werden die Kräfte für Innovationen gebündelt – damit ein berühmter russischer Wirtschaftswissenschaftler, der vor 90 Jahren eine These aufstellte, nicht schon wieder Recht behält.

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Beschrieb die „zyklische Konjunkturtheorie“: der russische Wissenschaftler Kondratjew. (C) Von Unbekannt - http://www.promved.ru/images/PV5_6p1r2.JPG Originally uploaded to ru.wiki, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11623769
Beschrieb die „zyklische Konjunkturtheorie“: der russische Wissenschaftler Kondratjew. Von Unbekannt, Gemeinfrei

Damit er nicht schon wieder Recht behält – damit ist das Durchbrechen eines Zyklus gemeint, der im Jahre 1926 zum ersten Mal beschrieben wurde. Thinktanks arbeiten zwar nicht gezielt darauf hin, doch ihre Innovationsfähigkeit und „wirtschaftlich schöpferische Kraft“ könnte eine Gesetzmäßigkeit auflösen, für die der russische Wirtschafts-Wissenschaftler Nikolai Dmitrijewitsch Kondratjew damals die „zyklische Konjunkturtheorie“ einführte.

Ohne es zu wissen, bereitete Kondratjew den Thinktanks den Weg

Der Kondratjew-Zyklus: In langen Wellen wird ein Aufschwung "abgeerntet", in kurzen Wellen ein Abstieg zur Entwicklung neuer Innovationen genutzt. (C) Von Rursus - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7833300
Der Kondratjew-Zyklus: In langen Wellen wird ein Aufschwung „abgeerntet“, in kurzen Wellen ein Abstieg zur Entwicklung neuer Innovationen genutzt. (C) Von Rursus – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7833300

Die Theorie wurde nach ihrem Entdecker benannt: Der Kondratjew-Zyklus steht für sich abwechselnde lange und kurze „Wellen“ in der Wirtschaftsgeschichte. Erstere werden durch einen Paradigmenwechsel und damit verbundene Investitionen bestimmt, die einen Aufschwung hervorrufen – während Letztere den wirtschaftlichen Abstieg bedeuten. Doch in dieser Phase wird schon an einem neuen Paradigma gearbeitet. Anders gesagt: In guten Jahren werden die Früchte neuer Entdeckungen und Erfindungen geerntet, in schlechten Jahren bereits wieder neue vorbereitet – damit die nächste lange Welle kommen kann.

Forschung und Entwicklung können die Wellen verändern

Unabhängig davon, in welcher Phase wir uns zurzeit befinden: Forschung und Entwicklung (F&E) verkürzen die kurzen Wellen und verlängern die langen Wellen. Dabei gehen Innovationen traditionell von Forschungsinstituten und -organisationen aus – in Deutschland etwa der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die mit einem Förderungsetat von fast 3 Milliarden Euro als bedeutendste länderübergreifende Forschungsorganisation zur F&E-Förderung an deutschen Hochschulen gilt. Die Fraunhofer-Gesellschaft wiederum ist die größte Organisation für Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen in Europa. Nicht minder wichtig sind die Helmholtz-Gemeinschaft mit 18 Forschungszentren aus dem naturwissenschaftlich-technischen und biologisch-medizinischen Bereich und die Leibniz-Gemeinschaft, die 88 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen unterschiedlicher Fachrichtungen vereint.

Zahlreiche Institute widmen sich gezielt den Bereichen Logistik und Mobilität, zum Beispiel das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) oder auch das Berliner Institut für Logistik (IfL), das „praxisorientierte logistische Themenstellungen und Transferleistungen“ im Blick hat.

Institute und Verbände bilden schlagkräftige Thinktanks

Beispiel Fraunhofer: Das Dortmunder IML weist in seiner Studie „Digitalisierung des Einkaufs – Einkauf 4.0“ auf die Relevanz des digitalen Strukturwandels hin: Der Einkauf könne sich als Innovationsscout und Experte für Technologie und Management stärker in die Diskussion um Industrie 4.0 einschalten.

Durchgeführt und veröffentlicht wurde die Studie in Kooperation mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME). Gedacht ist sie als Ausgangspunkt für weitergehende, detaillierte Untersuchungen zu diesem Thema. Eigens zum Einkauf 4.0 haben BME und IML erst im September 2016 einen gemeinsamen Thinktank als Erfahrungs- und Ideengeber gegründet. Dem Expertenkreis gehören auch 15 Einkaufsleiter namhafter Unternehmen an, unter anderem aus den Bereichen Automotive, Telekom, Luft- und Raumfahrt sowie dem Dienstleistungssektor. Im Mittelpunkt stehen beispielsweise der Einsatz künstlicher Intelligenz, Chancen des 3D-Drucks für den Einkauf, Digitalisierung des Beschaffungsportfolios sowie der Einkauf als Schnittstelle im Unternehmen.

Ideenfabriken entstehen vermehrt durch weitsichtige Unternehmen

Daneben entstehen immer mehr Ideenfabriken aus der freien Wirtschaft heraus. Erst kürzlich ging das 51. Symposium Einkauf und Logistik in Berlin zu Ende, wo über die wachsende Bedeutung des Einkaufs als Brückenbauer zwischen den Völkern gesprochen wurde. Veranstaltet wird das Symposium wiederum vom BME, dem führenden Fachverband für Einkäufer und Logistiker. Die Digitalisierung, so die Hauptbotschaft, werde ein neues Leistungsniveau für die gesamte Supply Chain bedeuten – bis hin zum vollkommen automatisierten Kapazitätsmanagement.

Einer der bekanntesten Thinktanks in Deutschland ist „2b AHEAD“ mit Sitz in Leipzig, das sich selbst als „Business-Thinktank mit dem größten Innovatoren-Netzwerk in der deutschen Wirtschaft“ bezeichnet. Mehr als 200 Top-Manager entwickelten alljährlich die Geschäftsmodelle der nächsten zehn Jahre, das Netzwerk umfasse 800 Innovations-Chefs der deutschen und europäischen Wirtschaft, heißt es auf der Webseite von 2b AHEAD. In seiner Studie „Das Omnichannel-Management für die Logistikbranche“ gab der Thinktank der Branche 26 Strategie-Empfehlungen für die Zukunft der Logistik.

Regionale Thinktanks für regionalen Aufschwung

Mit einem eigenen Thinktank will auch die Initiative Wissensregion FrankfurtRheinMain wichtige Zukunftsthemen diskutieren, die speziell für die Weiterentwicklung der Region relevant sind. Teilnehmer sind Vertreter von Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Ministerien, Kammern, Verbänden und Organisationen. Als Schwerpunkt für die aktuellen Treffen, die mehrmals im Jahr stattfinden, wurde „Urbane Produktion“ ausgewählt, die auch neue Ideen für Logistiklösungen beinhaltet.

Ein weiterer Thinktank für die Branche findet sich in Österreich und ist ebenfalls erst vor einigen Wochen zu Ende gegangen: Seit 14 Jahren stellt die zweitägige Fachtagung „Leobener Logistik Sommer“ in der Steiermark Technologietrends und Innovationen in den Mittelpunkt. Thema in diesem September waren „Dynamische Systeme in einer digitalen Welt“, unter anderem mit Referenten von ABF, AT&S, Bosch, SAP und Siemens, sowie dem Keynote-Speaker Ernst Ulrich von Weizsäcker, der zum Ranking der 100 einflussreichsten Vordenker der Welt zählt.

Sein Keynote-Thema: der Kondratjew-Zyklus.

„Der neueste Zyklus muss wohl eine Mischung aus Big Data und Effizienzrevolution sein. Allerdings müssen Digitalisierungsfortschritte, die einen Mehrverbrauch von Ressourcen nach sich ziehen, so weit wie möglich verhindert werden.“ (Ernst-Ulrich von Weizsäcker)

Drei Beispiele für Innovationszentren: Bosch, DB und DHL

Nicht nur beteiligen sich immer mehr Unternehmen an den Expertenkreisen, sie bringen Forschung und Entwicklung auch zunehmend selbst voran. So hat etwa Bosch sein Engineering Center in Linz stark erweitert, über 200 Mitarbeiter entwickeln neue Mobilitätstechnik – unterstützt von der Stadt Linz, vom Land Oberösterreich und der Wirtschaftsagentur Business Upper Austria. Dieses sechsminütige Video zeigt einen Blick hinter die Kulissen – speziell für Kinder, die zum Beispiel erleben, wie ein Common-Rail-Injektor für Nutzfahrzeuge entwickelt wird.

Einen Thinktank der etwas anderen Art hat die Deutsche Bahn gegründet: In einer Jobbörse richtet sie sich verstärkt an sogenannte „Tech Talents“, die bei der Entwicklung neuer IT-Lösungen helfen sollen. Beispiele für gelungene Services sind ein neuartiges Echtzeit-Dispositionssystem im Schienenverkehr oder auch sich selbst überwachende und bei Bedarf Fehler meldende Ticketautomaten. Und im Kreativ-Labor „DB mindbox“, das sich unterhalb eines Berliner S-Bahnhofs befindet, öffnet die Bahn jungen Startups und Entwicklern aus der Open-Data-Szene und DB-Fachbereichen den Zugang zu ihren Daten, damit neue Produkt- oder Geschäftsideen entstehen.

Einen Austausch bietet auch das DHL Innovation Center in Bonn an: Kunden und Partner aus Wirtschaft und Industrie haben hier die Möglichkeit, sich mit Trendexperten zu vernetzen und auszutauschen. Herzstück des 2015 runderneuerten Centers ist ein Formel-E-Fahrzeug, das einerseits nachhaltige Logistiklösungen von DHL, andererseits auch Smart Mobility und Automobil-Innovationen demonstriert. Im „Trend Cube“ zeigt das Expertenteam die neuesten Trends und Ideen, zum Beispiel den Paketkopter (ein unbemanntes Luftfahrzeug zur Paketzustellung), Datenbrillen für Augmented-Reality-Anwendungen oder auch autonome Lagerhallensysteme.

Innovationspreise küren die besten Ideen

Doch Innovationen entstehen mitunter auch dort, wo sie vorher niemand erwartet hat. Damit solche Ideen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erhalten, gibt es verschiedene Innovationspreise:

Bis Mitte Dezember 2016 läuft die Einreichungsphase für Ideen beim Innovationspreis der Deutschen Wirtschaft – zu den Preisträgern dieses Jahres gehört etwa der Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf, der ein Konzept entwickelt hat, das Firmen schrittweise auf dem Weg zur vernetzten Fertigung begleitet.

Preisgekrönt in diesem Jahr: der Werkzeugmaschinen-Hersteller Trumpf. (C) Trumpf
Preisgekrönt in diesem Jahr: der Werkzeugmaschinen-Hersteller Trumpf. (C) Trumpf

Und bis Mitte Februar 2017 können Innovatoren ihre Ideen beim INNOVATIONSPREIS-IT einreichen, mit dem die Initiative Mittelstand besonders innovative Produkte und Lösungen unter anderem im Bereich Logistik und Mobilität auszeichnet – die Sieger werden im Rahmen der CeBIT gekürt.

Ein Gedanke zu „Thinktanks für Logistik und Mobilität: Hier wird Zukunft geschrieben“

  1. Ich finde es erstaunlich und zugleich sehr begrüßenswert, dass sich Bosch, DB und DHL alle an den Expertenkreisen, den sog. Thinktanks, beteiligt haben. Mein Onkel ist Inhaber eines kleinen Transportunternehmens. Ich werde ihm diesen Beitrag gleich schicken, damit er sich ebenso motiviert, neue Technologien in seine Firma zur Anwendung zu bringen.

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