Thinktanks für Telekommunikation: Vernetzung ist die Lösung

Digitalisierung im Mittelstand, autonomes Fahren, Smart Home, das Internet der Dinge – nur einige Beispiele dafür, dass kaum ein Bereich der Gesellschaft ohne innovative Lösungen in der Telekommunikation auskommt. Was in der Zukunft „benötigt“ und „gewollt“ wird, darüber diskutieren Thinktanks aus Forschung und Wirtschaft. Sie sind damit auch wichtige Ratgeber für die Entscheider.

Aufmacherbild: (C) Von Willyyyyyyy – Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0

„Weil die Daten wahrhaftig unter der Haut sind, verstehe ich sie längst viel mehr als ‚meine‘ Daten. Ich bin mir ihres Wertes bewusst, übernehme Verantwortung für sie und schütze sie wie die anderen Teile meines Körpers.“

Das sei ein unerwarteter Effekt gewesen, erzählt Jewgeni Tschereschnew, einer der ersten „Bionic Men“. Denn eigentlich hatte der Social-Media-Chef der IT-Sicherheitsfirma Kaspersky Lab nur die praktischen Aspekte im Sinn, als er sich 2014 einen Identitäts-Chip unter der Haut hatte implantieren lassen. Mit seiner Hilfe kann der russische IT-Experte nur durch Handberührung digital bezahlen, smarte Schlösser öffnen, seine digitale Visitenkarte übermitteln und einiges mehr.

Der richtige Gast also für den letzten Zukunftskongress der Denkfabrik „2b AHEAD“, die sich unter anderem dem Themenkomplex Telekommunikation widmet. Die nachdenklich machende Rede des „Bionic Man“ kann man sich hier im Video anschauen.

Thinktanks helfen bei der Weichenstellung

Referenten und Talkgäste wie Tschereschnew sind es, die nicht nur den Nutzern die zukünftige Entwicklung vor Augen führen, sondern vor allem den Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft – damit diese auf der Basis möglichst realistischer Einschätzungen die richtigen Weichen stellen.

So stellt 2b AHEAD brandaktuell die Frage, welche neuen Technologien unser Leben verändern werden, und fasst als Trend für 2017 die Erwartungshaltung hunderter Top-Manager und Innovations-Chefs der deutschen und europäischen Wirtschaft zusammen. Auf einen Nenner gebracht, lautet ihre Antwort: Neben der Entwicklung zukunftsorientierter Unternehmen hin zum „Predictive Enterprise“ (automatisierte Entscheidungen auf Basis von Big Data) würden dieses Jahr „intelligente, prognostizierende Smartphones“ zum vorherrschenden Thema werden.

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Nicht mehr lange, dann steuern wir unsere Handys nur noch mit der Stimme. (C) By Mladjo123 – Own work, CC BY-SA 4.0,

Noch drei Jahre weiter, so schätzt es Raimund Hahn, Chefanalyst beim globalen Thinktank Diplomatic Council (DC), würden Smartphones locker eine Woche ohne Aufladen durchhalten und permanent Informationen auf dem Display anzeigen – und sie würden fast nur noch per Sprachsteuerung bedient. Die Denkfabrik verstehe sich als Brücke zwischen Diplomatie, Wirtschaft und Gesellschaft, schreibt DC auf seiner Webseite: „Eine prosperierende Wirtschaft, die den Menschen Wohlstand beschert, gehört zu den besten Friedensgaranten. Aus dieser Erkenntnis heraus verknüpft das Diplomatic Council ein weltweites Wirtschaftsnetzwerk mit der Diplomatie.“

Ideenfabriken schauen über den Tellerrand hinaus

Dieser Thinktank ist nur ein Beispiel dafür, dass Vernetzung die Lösung bringen kann – nicht nur in Bezug auf die Vernetzung von Software und Geräten, sondern auch im übertragenen Sinn. Denn gemeinsam ist man bekanntlich stärker: Experten, die gemeinsam „über den Tellerrand hinausblicken“, haben die besten Chancen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen.

Den Schwerpunkt Internet beleuchtet die „Internet Economy Foundation“, die Informationen über neueste Entwicklungen liefern und die Interessen der deutschen und europäischen Internetwirtschaft im globalen Kontext identifizieren will. Der Stiftungsrat ist prominent besetzt, unter anderem mit United-Internet-Chef Ralph Dommermuth, Zalando-Vorstand Robert Gentz, Delivery-Hero-Mitgründer Kolja Hebenstreit, Ex-Telekom-Chef René Obermann sowie Rocket-Internet-CEO Oliver Samwer. Eine aktuelle Veröffentlichung der Stiftung zum Digitalisierungsprozess in der Wissensgesellschaft kam zu dem Ergebnis, dass schon in naher Zukunft 9 von 10 Jobs ein Mindestmaß an Digitalkompetenz erfordern werden.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert die Entwicklung der Telekommunikation

Apropos Telekom: Langfristige Visionen werden auch in unternehmenseigenen Thinktanks entwickelt, etwa in den T-Labs der Deutschen Telekom, wo gut 400 Experten und Wissenschaftler aus mehr als 25 Nationen zusammenarbeiten. Ebenso werden im „Think and Do Tank“ von Vodafone eigene Projekte und Forschungskooperationen initiiert.

Praktisch allen Thinktanks ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit gemein, denn die Vielfalt der Fachgebiete führt dazu, den Horizont zu erweitern und die starren Grenzen des eigenen Unternehmens zu verlassen. Oft bilden dutzende Experten ein Team aus allen relevanten Bereichen, zum Beispiel Physik, Ingenieurswesen, Stadtplanung, Politik, Germanistik, Soziologie und Betriebswirtschaft.

Ebenso bunt zusammengesetzt ist die Ideenfabrik des DVTM, des Deutschen Verbands für Telekommunikation und Medien. Er sieht sich als Schnittstelle zwischen den Unternehmen, die an der Wertschöpfungskette Telekommunikation, Medien und Energie beteiligt sind, und vereint Diensteanbieter, Netzbetreiber, Serviceprovider, Reseller, technische Dienstleister, Medien- und Verlagshäuser sowie Consulting- und Inkassounternehmen unter einem Dach. Dabei bewertet der „DVTM Think Tank“ laut eigener Aussage rückblickend Entwicklungen im TK- und Medienmarkt und „blickt präventiv nach vorne, um zukünftige Trends frühzeitig in den Kodex einfließen zu lassen“. Der „Kodex Deutschland für Telekommunikation und Medien“ fungiert als eine Art exklusives Netzwerk aus Mitgliedsunternehmen. Aktuell diskutierte Themen sind die All-IP-Welt, Big Data und innovative Zahlungssysteme.

Kongresse sind die jährlichen „Klassentreffen“ der TK-Experten

Einen jährlich stattfindenden Thinktank als Event veranstaltet die Berliner Marketingberatung Sasserath Munzinger Plus: Das „Telco Trend Lab Summit“ bringt Praktiker und Experten aus den verschiedensten Bereichen der Telekommunikation zusammen. „Durch Vorträge, Diskussionen, Workshops und Ausflüge bekommen Markenverantwortliche ein umfassendes interdisziplinäres Verständnis von Trends und Innovationen“, heißt es auf der Webseite.

Visionäre sollten sich auch den 20. November 2017 merken und gegebenenfalls bereits jetzt zur Teilnahme anmelden, denn dann findet die „Future Convention“ des DVPT statt. Einen zweiminütigen Rückblick auf die Veranstaltung des vergangenen Jahres liefert dieses Video:

Der europaweit größte unabhängige Fachverband für Informationslogistik, Post, IT und Telekommunikation schaltet sozusagen drei der wichtigsten Museen Frankfurts zu einer einzigen „Zukunftsmeile“ zusammen und versammelt Visionäre und Macher, Studenten, Köpfe aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zum öffentlichen interdisziplinären Austausch. Das Versprechen: „In Workshops, Diskussionsrunden und vielen Beiträgen kann erlebt werden, wie sich unser Leben in den unterschiedlichsten Bereichen verändern wird.“

Übrigens können auch die Abgeordneten des EU-Parlaments ihre Vorschläge auf einen eigenen Thinktank stützen – in Form einer Wissensdatenbank, die ständig aktualisiert wird. So gibt es allein im Bereich Telekommunikation weit über 100 Fachbeiträge, etwa zur „Digitalen Agenda für Europa“ in Bezug auf 5G-Internet und vernetzte Fahrzeuge. Wichtig ist jedoch der Hinweis, dass die Dokumente „ausschließlich für die parlamentarische Arbeit der Mitglieder und Mitarbeiter des Europäischen Parlaments bestimmt sind“. Im Grunde also eine interne Ideenfabrik, bei der extern mitgedacht werden kann.

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