Oberleitungs-LKW - Quelle: www.siemens.com/presse © Siemens AG

Oberleitungs-LKW – das Beste aus zwei Systemen

Aufmacherbild: © Siemens AG – www.siemens.com/presse
So sieht es aus, wenn Eisenbahn und LKW ein Baby bekommen. Genauer gesagt: Man nehme einen LKW und gebe ihm eine Oberleitung wie bei der elektrischen Eisenbahn. Was erhält man? Den Oberleitungs-LKW. Genau das hat Siemens mit seinem System eHighway getan und damit die Effizienz-Vorteile der elektrischen Eisenbahn mit den Flexibilitäts-Vorteilen des LKW kombiniert. Im Rahmen des 3. TerminalTags, der im November 2017 in Berlin stattfand, stellte Hasso Gruenjes, Head of eHighway bei der Siemens AG, die Funktionsweise vor.

Sehen Sie sich hier das ca. 04:14 Minuten lange Video an oder lesen Sie unter dem Video den ausführlichen Artikel:

Durch eine Art Eisenbahn-Infrastruktur wird dem Fahrzeug der Strom direkt über die Oberleitung und einen Stromabnehmer zur Verfügung gestellt. Das Fahrzeug ist somit nicht abhängig von der oder begrenzt durch die Batteriekapazität. Es kann also nicht nur bestimmte Strecken schaffen, sondern fast unbegrenzt fahren, wenn die Oberleitung zur Verfügung steht.

Oberleitungs-LKW – flexibel
und Infrastruktur-unabhängig

Außerdem ist das Fahrzeug hybridisiert und damit nicht allein von der Oberleitung abhängig. Das heißt, es kann seine Fahrt auch außerhalb der Oberleitungsinfrastruktur weiter fortsetzen. Dies ist einerseits für die Flexibilität entscheidend, bietet aber auch einen Vorteil wenn es darum geht, das Oberleitungskonzept mit bereits bestehender Straßen-Infrastruktur zu kombinieren. Etwa bei Brücken oder Tunneln, die schlecht mit einer solchen Oberleitungsinfrastruktur ausgestattet werden können – in solchen Fällen , kann die Oberleitung unterbrochen und danach wieder fortgeführt werden.

„Das Fahrzeug bügelt ab – das ist der Fachbegriff für das Unterbrechen des Kontakts mit dem Stromabnehmer –, setzt
die Fahrt aus dem Hybridsystem fort und bügelt danach
wieder ein.“

Hasso Gruenjes, Head of eHighway, Siemens AG

Das Ab- und Einbügeln funktioniert laut Gruenjes ohne Traktionsverluste dadurch, dass sich innerhalb des Fahrzeugs ein zusätzlicher Energiespeicher befindet, der ein Umschalten zwischen den unterschiedlichen Antriebsmodulen fließend ermöglicht.

Unterschied zum in Städten üblichen System für Busse

Aber das System gibt es doch schon, könnte man nun denken. Kennt man doch von Stadtbussen. Und stimmt, das Prinzip scheint ähnlich. Dennoch gibt es entscheidende Unterschiede: „Das Trolley-Bussystem hat Schleif-Schuhe, die fassen um den Fahrdraht, und der Schleif-Schuh wird vom Fahrdraht mechanisch geführt“, erklärt Hasso Gruenjes den Gegensatz zwischen Oberleitungs-LKW und klassischem elektrisch betriebenen Stadtbus. „Zudem ist es nur ein Fahrdraht. Wir haben ein Kettenwerk wie es auch bei der Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke genutzt wird, und wir nutzen Schleifleisten wie auf Eisenbahnen.“ Diese Schleifleisten sind relativ breit und können dadurch den Kontakt zur Oberleitung während der Fahrt sowohl aufnehmen als auch wieder unterbrechen. Laut Gruenjes ist genau das die notwendige Innovation, um die zwei schon etablierten Systeme des LKW und der elektrischen Bahn zu kombinieren.

Oberleitungs-LKW – effizient aber
nicht für Betrieb in Städten gedacht

Bei Siemens geht man nicht davon aus, dass der Oberleitungs-LKW im städtischen Raum Einzug halten wird. In diesem Bereich würde man auf die visuelle Belastung durch ein solches System verzichten wollen. Denkbar ist es eher im Bereich des interurbanen Transports und später auf Autobahnen, wo man es dem LKW mit einer solchen Infrastruktur ermöglicht, auch die Vorteile erneuerbarer Energien direkt zu nutzen. Bei einem rein elektrischen Fahrzeug hätte man die Möglichkeit, einen Akku unter der Oberleitung zu laden. Auch die Energie aus der Rekuperation (Bremsvorgängen, bei denen der elektrische Antrieb zum Generator wird) kann genutzt werden, um den Akku zu laden. Das erhöht wiederum die Effizienz des Systems.

„Wir haben jetzt schon eine sehr hohe Effizienz, dadurch dass wir ein konduktives System haben. Das heißt, wir übertragen die Energie über eine Berührungsschnittstelle.“

Hasso Gruenjes, Head of eHighway, Siemens AG

Vom Einspeisepunkt des Unterwerks bis zum Rad wird damit eine Effizienz von etwa 85 Prozent erreicht. Die Rekuperation ist dabei noch nicht eingerechnet, weil sie stark von der Topografie und dem operativen Zyklus abhängt. Muss etwa oft gebremst werden, ist es möglich, noch mehr Energie beziehungsweise eine noch höhere Effizienz zu erzielen, weil man die Energie aus den Bremsen nutzen kann.

Auch möglich: Strom ins System einspeisen

Die Oberleitungs-LKW können nicht nur für sich selbst Strom erzeugen, sondern diesen über die Infrastruktur auch ins System einspeisen, wo er beispielsweise anderen Oberleitungs-LKW zur Verfügung steht.

„Stellen Sie sich ein System vor, irgendwo in einer relativ bergigen Topografie. Da fahren LKW ein Berg herunter, und müssen deshalb immer bremsen. Im Moment erzeugen sie so Wärme und Verschleiß. Oberleitungs-LKW würden beim Runterfahren bremsen und Strom erzeugen. Und der Strom könnte gleich eingespeist werden, um auf der anderen Seite die LKW, die den Berg hochfahren müssen, mit Energie zu versorgen.“

Hasso Gruenjes, Head of eHighway, Siemens AG

Bei Siemens denkt man auch über andere Hybrid-Konfigurationen nach. So könnte der Oberleitungs-LKW etwa als Diesel-Hybrid mit einem Biodiesel-Kraftstoff zum Einsatz kommen, mit einer Brennstoffzelle ausgestattet werden oder mit einem Gasantrieb.

Hybrid-LKW auf Teststrecken
in Deutschland unterwegs

Derzeit werden in Deutschland eHighway Teststrecken errichtet, etwa auf der A5 in Hessen. Ab 2019 sollen die Elektro-LKW dann testweise auf deutschen Straßen zum Einsatz kommen. Der dauerhafte Einsatz wird als möglicher Baustein bei der Erreichung der Klimaziele betrachtet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert